50 Jahre nach den Pogromen: Erfurts dunkles Kapitel wird Erinnerung

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Erfurt gedenkt der rassistischen Ausschreitungen von 1975, die erste Gewalt gegen Ausländer in Deutschland nach dem Krieg.

Erfurt gedenkt der rassistischen Ausschreitungen von 1975, die erste Gewalt gegen Ausländer in Deutschland nach dem Krieg.
Erfurt gedenkt der rassistischen Ausschreitungen von 1975, die erste Gewalt gegen Ausländer in Deutschland nach dem Krieg.

50 Jahre nach den Pogromen: Erfurts dunkles Kapitel wird Erinnerung

Erfurt, die thüringische Stadt, steht dieses Wochenende im Zeichen der Erinnerung. Vom 10. bis 13. August 2025 finden Gedenkveranstaltungen statt, die an die erschütternden Ausschreitungen vor 50 Jahren erinnern. Diese Ereignisse, die als die ersten ihrer Art in Deutschland nach 1945 gelten, richten sich gegen algerische Vertragsarbeiter, die in der DDR beschäftigt waren. Diese Gedenkfeiern sollen ein wehmütiges Zeichen setzen und das Bewusstsein für Rassismus und Fremdenfeindlichkeit schärfen. Wie der Deutschlandfunk berichtet, rechneten die Organisatoren mit rund 40 Teilnehmern, während offizielle Vertreter der Stadt nicht präsent waren.

Was damals genau geschah, verdeutlicht ein Blick in die Vergangenheit: Zwischen dem 10. und 13. August 1975 beherrschte ein gewalttätiger Mob die Straßen von Erfurt. Gerüchte über angebliche Vergewaltigungen und die vermeintliche Unsauberkeit der Algerier schürten die Stimmung. Dies führte zu einem massiven Ausbruch ausländerfeindlicher Gewalt, bei dem algerische Arbeiter verfolgt und teils mit Eisenstangen und Holzlatten attackiert wurden. Dies schildert auch die Wikipedia, die auf die gewalttätigen Auseinandersetzungen unter rund 300 Jugendlichen hinweist.

Ein vergessenes Kapitel

Trotz der Schwere der Vorfälle war die Berichterstattung damals spärlich. Die Staatsorgane der DDR, allen voran das Ministerium für Staatssicherheit, untersuchten die Ausschreitungen, doch die Diskurse rund um Rassismus blieben in der Öffentlichkeit tabu. Historikerin Annegret Schüle mahnt, dass Rassismus und Rechtsextremismus in der DDR nicht nur ausgeblendet, sondern über die Jahre hinweg auch verfestigt wurden. Laut Deutschlandfunk Kultur wurde die Rolle der Staatsmacht bei der Niederschlagung der Vorfälle und der anschließenden Ermittlungen kritisch beleuchtet.

Der Ablauf der Tage ist eindringlich: Am 10. August, nach einem Vorfall auf einem Volksfest, wurden die Algerier von den einheimischen Jugendlichen gejagt. Sicherheitskräfte mussten einschreiten, um einige der verfolgten Menschen zu schützen, doch das Mobbing setzte sich fort. Am 12. August kam es wieder zu Provokationen, die in einem Chaos endeten. Insgesamt wurden 19 Personen vorläufig festgenommen, nur um am nächsten Tag die Zahl der Festnahmen auf 132 zu erhöhen, wie das Ministerium für Staatssicherheit dokumentierte. Historiker Harry Waibel beschreibt die Vorfälle als erstes Nachkriegspogrom in Deutschland.

Folgen für die Zukunft

Die Folgen der Ausschreitungen waren langfristig. Wiederholte Berichte über Ungleichbehandlung und Vorurteile gegen die algerischen Arbeiter blieben in der Gesellschaft präsent. Im Zeitraum von 1974 bis 1984 arbeiteten über 8.000 Algerier in der DDR, viele davon waren in die Gesellschaft integriert, doch die erlebten Vorurteile und Diskriminierungen hinterließen Spuren. Die Unterbringung in abgetrennten Wohnheimen trug zur Entfremdung bei, da Kontakte mit Deutschen stark limitiert waren. Dies beschreibt auch die Berichterstattung des Deutschlandfunks.

Im Nachgang der Ausschreitungen wurden mehrere Rädelsführer verhaftet und bestraft, jedoch blieb die größere Zahl der Beteiligten straffrei. Historiker betonen, dass die meisten Beteiligten nicht bestraft wurden, während hauptsächlich einige wenige als Sündenböcke herangezogen wurden.

Wie der Gedenkakt in Erfurt zeigt, ist es wichtig, das Geschehene nicht in Vergessenheit geraten zu lassen. Rassismus hat viele Formen und bleibt, wie wir wissen, eine Herausforderung, die es lautstark zu benennen und zu bekämpfen gilt. Auch heute noch braucht es Verständnis und Empathie, um die Fehler der Vergangenheit zu korrigieren und eine integrative Zukunft zu schaffen.