Kontroverser Vortrag in Jena: Gaza-Thema entzündet heftigste Debatte

Am 12. Juni 2025 diskutierten drei Jenaer Professoren über die medizinische Versorgung in Gaza, nachdem ihre Veranstaltung im Universitätsklinikum abgesagt wurde.
Am 12. Juni 2025 diskutierten drei Jenaer Professoren über die medizinische Versorgung in Gaza, nachdem ihre Veranstaltung im Universitätsklinikum abgesagt wurde. (Symbolbild/NAG)

Kontroverser Vortrag in Jena: Gaza-Thema entzündet heftigste Debatte

Jena, Deutschland - Am 12. Juni 2025 fand eine umstrittene Veranstaltung zur medizinischen Versorgung in Gaza in der Evangelischen Studierendengemeinde (ESG) in Jena statt. Organisiert von drei Professoren der Universität Jena – Michael Börsch, Hendrik Süß und Martin Leiner – wurde das Event ursprünglich für das Universitätsklinikum geplant, jedoch aufgrund des Neutralitätsgebots von der Klinik- und Universitätsleitung abgesagt. Die Veranstalter scheiterten mit ihrem Eilantrag vor dem Verwaltungsgericht Gera, sodass die Diskussion letztendlich in kirchlichen Räumen stattfand. Diese Entscheidung sollte einen Ort für „Zuhören, Verstehen und Lernen“ schaffen, jedoch war die Verleihung dieses Raums nicht ohne Kontroversen.

Der Referent, Dr. Qassem Massri, ein deutsch-palästinensischer Mediziner und Oberarzt in Berlin, lieferte eine äußerst kritische Analyse zur Situation in Gaza und sprach von einer „genozidalen Zerstörung“ des Gesundheitssystems. Unter dem Titel „Systematische Zerstörung des Gesundheitswesens in Gaza?“ stellte Massri die weit verbreitete Auffassung in Frage, dass der Krieg am 7. Oktober mit dem Terror der Hamas begonnen habe. Stattdessen behauptete er, das Leid in der Region habe mit der Gründung Israels seinen Anfang genommen. Zudem relativierte oder bestritt er Berichte über Raketenabschüsse aus Krankenhäusern und den Missbrauch ziviler Infrastruktur durch die Hamas.

Kritik und Widerstand

Die Positionen von Massri stießen auf heftige Kritik. Die Jüdische Studierendenunion Deutschland (JSUD) und die Jüdische Allianz Mitteldeutschland (JAM) äußerten in einer Stellungnahme, dass die Veranstaltung „antisemitischer Hetze eine Bühne“ geboten habe. Sie warfen den Veranstaltern vor, dass keine Einsprüche gegen antisemitische Aussagen erhoben wurden. Reinhard Schramm, der Vorsitzende der Jüdischen Landesgemeinde Thüringen, erinnerte in einem Brief an den evangelischen Landesbischof daran, dass der Überfall der Hamas am 7. Oktober nicht aus politischen Parolen, sondern aus einem verheerenden Massenmord resultierte. Diese Perspektive schärft das Bewusstsein dafür, wie wichtig eine differenzierte und respektvolle Diskussion über diesen Konflikt ist.

Massris Einschätzung über die Hamas und ihre Verbindung zur „zionistischen Ideologie“ fand Zustimmung bei einigen Zuhörern, was die Tiefe der gespaltenen Meinungen in der Gesellschaft widerspiegelt. Die kritischen Stimmen folgten zahlreichen asiatischen und europäischen Berichten über den Nahost-Konflikt, die oft mit antisemitischen Stereotypen verknüpft werden. In den arabischen Medien wird der Konflikt häufig als ideologische Auseinandersetzung zwischen Muslimen und Juden dargestellt, wobei islamistische Narrative häufig überhandnehmen.

Antisemitismus in der Diskussion

In vielen arabischen Ländern ist Antisemitismus nicht nur verbreitet, sondern nahezu Teil der Staatsräson. Michael Kiefer, Islamwissenschaftler aus Osnabrück, weist seit Jahren darauf hin, dass insbesondere zugewanderte Muslime oft nur judenfeindliche Interpretationen aus ihren Heimatländern mitgebracht haben. Er sieht die Notwendigkeit für eine umfassendere Behandlung des Nahost-Konflikts in deutschen Schulen, um Vorurteile abzubauen und das kritische Denken zu fördern.

Der Einfluss von Medien und Unterhaltungsbranche in arabischen Ländern trägt zur Verbreitung dieser Ansichten bei. Insbesondere mediale Berichterstattung über den Gaza-Konflikt wird oft durch antizionistische und antisemitische Narrative gefärbt. Selbst prominente Medien wie Al Jazeera sind nicht vor Kritik gefeiht, wenn es darum geht, antisemitische Inhalte zu verbreiten. Diese Berichterstattung führt dazu, dass palästinensische Sichtweisen verstärkt, während israelische Perspektiven oft als „Besatzungsmacht“ denunziert werden.

Diese komplexe Gemengelage zeigt, wie dringend eine differenzierte und respektvolle Debatte über den Nahost-Konflikt notwendig ist. In einer Zeit, in der die politischen und gesellschaftlichen Spannungen zunehmen und die Verbreitung von Antisemitismus besorgniserregende Ausmaße annimmt, müssen wir als Gesellschaft den Mut haben, schwierige Themen angehen und dafür sorgen, dass ein respektvoller Dialog geführt wird.

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OrtJena, Deutschland
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