Skandal um Schulverweis: Richter kritisieren Oldenburgs Entscheidung

Bildungsministerin Oldenburg steht nach umstrittenem Schulverweis für Greifswalder Schüler, die in Auschwitz gefilmten, unter Druck.
Bildungsministerin Oldenburg steht nach umstrittenem Schulverweis für Greifswalder Schüler, die in Auschwitz gefilmten, unter Druck. (Symbolbild/NAG)

Skandal um Schulverweis: Richter kritisieren Oldenburgs Entscheidung

Greifswald, Deutschland - In den letzten Tagen sorgt ein Vorfall aus Greifswald für aufmerksamkeitsstarke Diskussionen über den Umgang mit Rechtsextremismus an Schulen. Bildungsministerin Simone Oldenburg (Linke) sieht sich nach einem vorläufigen Gerichtsbeschluss, der einen umstrittenen Schulverweis aufhob, massiver Kritik ausgesetzt. Der Anlass für die Kontroversen: Zwei Neuntklässler der Integrierten Gesamtschule „Erwin Fischer“ wurden beschuldigt, während eines Besuchs der KZ-Gedenkstätte Auschwitz eine Geste gezeigt zu haben, die angeblich als Nazi-Gruß gedeutet wurde.

Das Verwaltungsgericht Greifswald hat den Schulverweis vorläufig aufgehoben, nachdem die Richter im Video keine eindeutige Nazi-Geste erkennen konnten. Tatsächlich ähnelt die fragliche Geste dem allgemein verwendeten „Okay“-Zeichen, widerspricht jedoch der rechtsextremen Symbolik. „Die Schule und das Schulamt sind nicht ausreichend auf die Intention der Geste eingegangen“, erklärte das Gericht und kritisierte auch Oldenburg für ihre Forderung nach einem harten Vorgehen, ohne den Einzelfall ausreichend zu prüfen. Die Richter wiesen darauf hin, dass die Schüler im Schulalltag bislang nicht negativ aufgefallen waren und die Entscheidung für den Schulverweis ohne Beteiligung der zuständigen Schulkonferenz getroffen wurde, was die Begründung fragwürdig erscheinen lässt. Das Internationale Auschwitz-Komitee äußerte ebenfalls Kritik und betonte, dass Überlebende der Shoah sich durch solche Maßnahmen missachtet fühlen Ostsee-Zeitung [NDR](https://www.ndr.de/nachrichten/mecklenburg-vorpommern/schulverweis-gestoppt-auschwitz-komitee-kritisiert-gericht,schulverweis-100.html).

Politische Reaktionen und Kritik

Die politische Landschaft in Mecklenburg-Vorpommern reagierte mit scharfen Tönen auf die Vorgänge rund um den Schulverweis. Die AfD im Schweriner Landtag fällt klar auf in ihrer Opposition gegen Oldenburg, während CDU-Chef Daniel Peters Bedenken äußert, dass sich die Ministerin unzulässig in das Disziplinarverfahren eingemischt habe. Diese Auseinandersetzungen werfen ein Schlaglicht auf die teils schwierige Situation im Umgang mit rechtsextremen Vorfällen in Schulen. Dennoch findet Oldenburg auch Unterstützung – der Linken-Parteichef Hennis Herbst verteidigt die Ministerin und hebt dabei ihren klaren Standpunkt gegen Rechtsextremismus hervor.

Die jüngsten Entwicklungen in Greifswald sind bei weitem nicht der einzige Vorfall. Schülervertretungen der ostdeutschen Bundesländer warnen zunehmend vor einer Welle von rechtsextremen Äußerungen und Vorfällen an Schulen. Laut Berichten sind viele Lehrkräfte verunsichert und trauen sich oft nicht, bei derartigen Vorfällen einzugreifen. Ein 18-jähriger Schüler aus Brandenburg berichtete über Hakenkreuze in Klassenzimmern und den Einfluss rechtsextremer Gedankengüter im Unterricht. Auch die Zahl der dokumentierten rechtsextremistischen Vorfälle an Schulen hat alarmierende Ausmaße angenommen, mit einem Anstieg von 73 im Jahr 2019 auf 149 in Sachsen im Jahr 2023 Tagesschau.

Die Schülervertretungen fordern ein entschiedenes Gegensteuern durch die Politik, darunter die Stärkung von Fächern wie Politik oder Sozialkunde sowie die Notwendigkeit von Fortbildungen für Lehrkräfte. Nur so könne der Verbreitung von rechtsextremem Gedankengut wirksam entgegengetreten werden.

In Anbetracht der Relevanz dieser Debatten ist es umso wichtiger, dass verantwortliche Stellen sowohl auf schulischer als auch auf politischer Ebene zusammenarbeiten, um dem erstarkenden Rechtsextremismus entgegenzutreten. Das Geschehen um die Neuntklässler aus Greifswald ist ein eindrückliches Beispiel dafür, wie schnell die Grenzen zwischen jugendlichem Unfug und schwerwiegender politischer Symbolik verschwimmen können. Die kommenden Monate werden zeigen, wie sich diese Herausforderungen lösen lassen.

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OrtGreifswald, Deutschland
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