Kunst im Aufbruch: European Realities begeistert Chemnitz!

Kunst im Aufbruch: European Realities begeistert Chemnitz!
Ein schöner Ort, um die europäische Kunstgeschichte zu erkunden, war das Museum Gunzenhauser in Chemnitz, wo bis zum 10. August 2025 die bemerkenswerte Ausstellung „European Realities“ stattfand. Diese Schau widmete sich den Realismusbewegungen der 1920er- und 1930er-Jahre und konnte rund 40.000 Besucher:innen anziehen. Die Kuratorin Anja Richter hatte die letzten fünf Jahre damit verbracht, die rund 300 Werke aus 20 europäischen Ländern zusammenzutragen. Ziel war es, die Kunstgeschichte neu zu schreiben und weniger bekannte Künstler:innen ins Rampenlicht zu rücken. So sind 80 % der ausstellenden Künstler für viele Besucher:innen neu gewesen, wie MDR berichtet.
In einer Zeit großer gesellschaftlicher Umbrüche, die durch den Ersten Weltkrieg eingeläutet wurden, reflektierten die Kunstwerke nicht nur die sozialen Realitäten, sondern auch den Aufbruch und die Lebensfreude, die in der Weimarer Republik aufkamen. Die Ausstellung zeigte sowohl seltene Werke als auch Leihgaben von europäischen Museen und widmete sich insbesondere den Themen Emanzipation der Frau, Veränderungen in den Großstädten sowie dem sozialen Wohnungsbau und der Arbeit in Fabriken.
Ein Blick auf die Neue Sachlichkeit
Mit der „Neuen Sachlichkeit“ wurde eine bedeutende Bewegung des 20. Jahrhunderts geboren, die den Expressionismus ablöste. Ihr Begriff wurde bereits 1925 von Franz Roh in seiner Studie „Magischer Realismus“ geprägt, in der er eine Rückkehr zur Ordnung in der Kunst beschrieb. Die Vielfalt dieser Bewegung zeigt sich in den ausgestellten Werken: Von den satirischen Darstellungen George Groszs bis zu den eindringlichen Porträts von Otto Dix und der sensiblen Malerei Jeanne Mammen, die alle einen kritischen Blick auf die gesellschaftlichen Bedingungen wagten taz.
Besonders interessant ist, dass die Ausstellung nicht nur bekannte Werke vermischte, sondern auch unbekannte Arbeiten aus Lettland, Polen und Bulgarien sowie Kunst von Künstler:innen aus Schweden, Italien und England präsentierte. Mit dieser Mischung wollte die „European Realities“-Ausstellung ein objektives Abbild der Gesellschaft bieten und die internationalen Verbindungen innerhalb der Kunstszene unterstreichen taz.
Gesellschaft und Kunst im Fokus
Die ausgestellten Werke thematisierten auch die Rolle der Frauen in der Kunst und Gesellschaft. In der Weimarer Republik erhielten Frauen das Wahlrecht und Zugang zu Kunstakademien. Ein Teil der Ausstellung war den Frauenporträts der 1920er-Jahre gewidmet, welche die fragilen sozialen Strukturen und die Emanzipation der Frau in einer sich wandelnden Gesellschaft widerspiegelten. Sport und das aufkommende Rundfunk-Medium wurden ebenfalls als neue Motive in der Kunst behandelt und verdeutlichten den kulturellen Wandel zu dieser Zeit.
Künstler:in | Wichtige Werke | Jahr |
---|---|---|
George Grosz | „Selbstbildnis als Warner“ | 1927 |
Otto Dix | „Metropolis“ | 1927-1928 |
Jeanne Mammen | Porträts von Frauen | 1920er |
Lotte B. Prechner | „Epoche“ | 1928 |
Durch ihren kritischen und zugleich nostalgischen Blick auf die gesellschaftlichen Entwicklungen leistet die „Neue Sachlichkeit“ ein bemerkenswertes Zeugnis über die Weimarer Republik. Die aktuellen Veranstaltungen im Rahmen des Kulturhauptstadtjahres in Chemnitz und die umfangreiche Zusammenstellung dieser Ausstellung zeigen, wie wichtig es ist, auch die weniger bekannten Seiten der Kunstgeschichte zu beleuchten und die Stimmen der Vergessenen zu hören malen-lernen.