Das stille X-Chromosom: Wie Frauen im Alter anders erkranken!

Technische Universität München, 80333 München, Deutschland - Das Verständnis der geschlechtsspezifischen Unterschiede in der Krankheitsanfälligkeit, insbesondere im Alter, hat einen neuen Ansatz erhalten. Laut einem Team der Technischen Universität München (TUM) zeigen aktuelle Forschungsergebnisse, dass Frauen im Alter anfälliger für bestimmte Erkrankungen sind als Männer, darunter Herz-Kreislauf-Erkrankungen sowie neurodegenerative Erkrankungen wie Demenz und Parkinson. Dieses Phänomen wurde durch die Aktivierung eines spezifischen Chromosoms erklärt.
Ein zentrales Element dieser Studie ist das stillgelegte zweite X-Chromosom, auch bekannt als Barr-Körperchen, das in weiblichen Zellen existiert. In jeder diploiden Zelle einer Frau sind zwei X-Chromosomen vorhanden, jedoch wird eines davon inaktiviert, um eine Dosiskompensation zu gewährleisten. Die als „Lyonization“ bekannte Inaktivierung führt dazu, dass das inaktive Chromosom als dichte Struktur im Lichtmikroskop erscheint, was zur Unterscheidung beider Geschlechter beiträgt. Barr-Körper sind hochkondensierte DNA-Strukturen und können durch spezielle Färbetechniken sichtbar gemacht werden, was auch in der Forensik Anwendung findet.
Aktivierung im Alter
Dr. Daniel Andergassen, Gruppenleiter am Institut für Pharmakologie und Toxikologie der TUM, erläutert, dass bei älteren weiblichen Mäusen zunehmend Gene auf dem inaktiven X-Chromosom reaktiviert werden. Diese Gene können der Stilllegung des Barr-Körperchens entkommen, was zu einer höheren Genaktivität bei Frauen führt. Bisherige Erkenntnisse legen nahe, dass diese Gene einen Einfluss auf das Risiko für bestimmte Krankheiten haben könnten.
Der Mechanismus der X-Inaktivierung ist entscheidend für die geschlechtsspezifische Genexpression, da das aktuelle X-Chromosom mehr als 800 proteinkodierende Gene beherbergt. Im Gegensatz dazu besitzt das Y-Chromosom nur 45 bekannte proteinkodierende Gene. Dies zeigt, dass der Verlust des zweiten X-Chromosoms bei Männern nicht nur das Geschlecht definiert, sondern auch maßgeblich die Gendosis und damit das Krankheitsrisiko beeinflusst.
Implikationen für die Gesundheitsforschung
Der neue Erkenntnisgewinn könnte weitreichende Folgen für die Gesundheitsforschung haben. Das Verständnis darüber, wie das erwachende X-Chromosom Alterungsprozesse und damit verbundene Krankheitsrisiken bei Frauen beeinflusst, wird dazu beitragen, gezielte Therapien zu entwickeln. Angesichts der Tatsache, dass Gene, die der Inaktivierung entkommen, möglicherweise mit einer erhöhten Krankheitsanfälligkeit in Verbindung stehen, wird die Erforschung dieser Zusammenhänge von großer Bedeutung sein.
Die Ergebnisse dieser Studie wurden im Fachmagazin „Nature Aging“ veröffentlicht, was weitere wissenschaftliche Diskussionen anregen dürfte. Die Identifizierung spezifischer Gene und deren Rolle in der Alterung könnte möglicherweise auch für die Entwicklung neuer Ansätze in der Prävention und Therapie von Alterskrankheiten entscheidend sein.
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Ort | Technische Universität München, 80333 München, Deutschland |
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