Kunst im Wiederaufbau: Wie Deutschland nach 1945 neu startete

Berlin, Deutschland - Nach dem Ende des Zweiten Weltkriegs war der Kulturhunger in Berlin besonders ausgeprägt. Bereits drei Wochen nach der Befreiung fand ein improvisiertes Konzert der Berliner Symphoniker im Titania-Palast statt. Während sich die Konzerthäuser, Kinos und Theater schnell füllten, hatte die bildende Kunst es schwerer, an die Zeit vor dem Nationalsozialismus anzuknüpfen. Die Nationalsozialisten hatten 1937 Werke der Avantgarde aus öffentlichen Sammlungen verbannt, was die Wiederbelebung der Kunstszene nach 1945 erschwerte. Viele Museen waren zerstört, sodass bedeutende Werke mühsam zurückgeholt werden mussten. Zudem mussten Museen von nationalsozialistischen Relikten „gereinigt“ werden. Hanna Hofmann-Stirnemann berichtete, dass Monate nach Kriegsende kleinere Museen von militaristischen Beständen befreit werden mussten, um eine neue Kunstszene aufzubauen. Die ersten Kunstausstellungen wurden ab Sommer 1945 organisiert, wobei Emil Stumpp’s Werke im Kunstamt Berlin-Wilmersdorf im Juni 1945 präsentiert wurden.
Die Herausforderungen der Nachkriegszeit prägten auch die erste Ausstellung „Nach 12 Jahren“ von Hans Uhlmann in der Berliner Kamillenstraße. Am 2. August 1945 eröffnete die Galerie Gerd Rosen ihre erste Ausstellung, gefolgt von einer Präsentation von verfemten Künstlern in Überlingen im Oktober 1945. Diese Ausstellungen beinhalteten bedeutende Werke von Künstlern wie Willi Baumeister, Max Beckmann und Paul Klee und sollten eine Renaissance der künstlerischen Freiheit symbolisieren.
Der Kampf um die moderne Kunst
Die ersten Ausstellungen moderner Kunst führten jedoch zu Kontroversen, insbesondere über den „Verlust der Mitte“ in der Kunst. Walter Müller-Wulckow stellte bei diesen Ausstellungen die Apperzeptionsschwierigkeiten der Besucher fest, während Willi Baumeister bereits 1946 warnte, neue Bilder zu präsentieren, da das Publikum unvorbereitet war. Kritiker wie Erich Kästner äußerten sich negativ über die Ausstellung „Modern Paintings/Maler der Gegenwart I“ in Augsburg und bemerkten, dass die wenigsten modernen Bilder vom Publikum bevorzugt wurden.
Mit der Gründung der Bundesrepublik Deutschland und der DDR im Jahr 1949 und dem Beginn des Ost-West-Konflikts wurde die Kunst zunehmend für politische Zwecke instrumentalisiert. Im Westen dominierte eine Debatte über abstrakte Kunst als neue Formensprache, während im Osten eine strikte Kontrolle durch die Regierung die Kunstszene prägte. Künstler, die in der DDR arbeiteten, durften nur dann erfolgreich sein, wenn sie dem Sozialistischen Realismus entsprachen, was dazu führte, dass viele Künstler entweder die DDR verließen oder im Verborgenen arbeiteten.
Ein differenzierter Blick auf die Nachkriegszeit
Die erste Allgemeine Deutsche Kunstausstellung in Dresden 1946 sollte Kunstwerke aus allen Besatzungszonen vereinen, doch die Kunstauswahl blieb stark geprägt von antisemitischen und antikommunistischen Haltungen. Kunsthistoriker wie Hans Gerhard Evers und Werner Haftmann diskutierten erstmals die vielfältigen Strömungen und die Disharmonie in der Nachkriegskunst. Dabei wurde die Rolle der Kunst als Teil des Reeducationsprogramms der Alliierten zur Demokratisierung Deutschlands thematisiert. Gleichzeitig blieben Fragen zur Präsentation und Interpretation von Kunstwerken auch Jahrzehnte später offen, was zu einem differenzierten Blick auf die Kunstausstellungen jener Zeit führte.
Wie die Entwicklung der Nachkriegszeit zeigt, spiegelte die westdeutsche Kunstszene die Vielfalt der Demokratie wider und orientierte sich an kreativen Strömungen aus den USA und Frankreich. Diese neue Richtung, das Informel oder die informelle Kunst, betrachtete man als wichtigen Schritt zur Abgrenzung von der Hitler-Diktatur, die moderne Kunst abgelehnt hatte. Westdeutsche Kunsthistoriker und Museen förderten das Informel und festigten es zur bedeutendsten Kunstrichtung der Nachkriegszeit.
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Ort | Berlin, Deutschland |
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