Kampf um die Keksdose: Uni-Hörsaal besetzt – Denkmalschutz in Gefahr!
Kampf um die Keksdose: Uni-Hörsaal besetzt – Denkmalschutz in Gefahr!
Universität Bremen, Deutschland - Das zentrale Hochhaus der Universität Bremen, umgangssprachlich „Keksdose“ genannt, steht im Fokus der Diskussionen um Denkmalschutz und Aktivismus. Das Gebäude, das 1975 eröffnet wurde und von den Architekten Henn und Petersen entworfen ist, gilt als bedeutendes Beispiel für die brutalistische Architektur der 1970er Jahre. Das Landesamt für Denkmalpflege hat nun ein Gutachten vorgelegt, das die „Keksdose“ als schützenswert einstuft. Diese Beurteilung ist vorläufig und wird in die Gremien gegeben, um die möglichen Auswirkungen weiter zu prüfen. Eine Senatsvorlage weist darauf hin, dass im Falle einer Denkmalschutzstellung mit erhöhten Planungsaufwänden und steigenden Kosten zu rechnen sei. Insbesondere wären komplexere bauliche Abläufe zu erwarten, wodurch die Universität möglicherweise den Rechtsweg beschreiten müsste, um gegen das Gutachten vorzugehen. Bürgermeister Andreas Bovenschulte leitet das Kulturressort, welches für das Landesdenkmalamt zuständig ist.
Die Diskussion um das Gebäude überschneidet sich aktuell mit einer bemerkenswerten Aktion der Klimaaktivisten. Rund 40 Mitglieder der Gruppe „End Fossil: Occupy!“ haben am Dienstag einen Hörsaal in der Keksdose besetzt, um auf die Zerstörung der Umwelt durch fossilen Kapitalismus aufmerksam zu machen. Diese Besetzung wird von der Universität toleriert und soll bis mindestens Sonntag andauern. Die Aktivisten planen, den Uni-Alltag zum Stillstand zu bringen und über alternative Lebensweisen zu diskutieren.
Aktivistische Besetzung und deren Ziele
Die Forderungen der Aktivisten sind vielfältig. Dazu gehören die Abschaffung „ungerechter“ Studiengebühren, der Regelstudienzeit sowie der Begrenzung der Prüfungsversuche. Außerdem sprechen sie sich gegen Kooperationen der Universität mit „zukunfts- und menschenfeindlichen“ Konzernen aus. Um ihre Anliegen zu verdeutlichen, haben die Aktivisten ein tägliches Programm organisiert, das unter anderem Diskussionen, Vorträge und Aktionstrainings umfasst.
Während die Universität Veranstaltungen, die im Hörsaal der Keksdose stattfinden sollten, verlegt hat, sind die Meinungen über die Besetzung geteilt. Insbesondere im Internet gibt es scharfe Kritik, da die Beeinträchtigung des Studiums durch die Protestaktion nicht unbemerkt bleibt. Diese Form des Protestes wird nicht nur in Bremen, sondern auch an über 20 weiteren Hochschulen und Universitäten in Deutschland praktiziert.
Denkmalschutz und der Wert der Architektur
Das mzh, wie das Gebäude offiziell genannt wird, hat eine Grundfläche von nahezu 10.000 Quadratmetern und wurde ursprünglich für 600 Studierende sowie 400 Verwaltungsangestellte konzipiert. Der Prozess der Denkmalschutzstellung könnte sich über mehrere Monate ziehen. Die Universität müsste möglicherweise einen öffentlich-rechtlichen Vertrag abschließen, bevor der Denkmalschutz offiziell in Kraft tritt. Ein weiteres Beispiel für die Balance zwischen Erhalt und Modernisierung liefert das Essighaus in der Langenstraße, wo historische Elemente erhalten blieben, während moderne Standards umgesetzt wurden.
Brutalistische Architektur hat in den letzten Jahren an Bedeutung gewonnen, besonders seit der Eröffnung von Ausstellungen wie „SOS BRUTALISM – Save the Concrete Monsters!“ im Deutschen Architekturmuseum 2017. Diese Ausstellung, die die monumentalistischen Bauten der 1950er bis 1970er Jahre weltweit ins Licht rückt, hat zahlreiche Besucher angezogen und die Debatte um den Erhalt dieser Bauwerke neu belebt. Sie soll auch dazu beigetragen haben, einen internationalen Kanon brutalistischer Architektur zu formen und zur Diskussion zu stellen, was sich durch das große Interesse und die Vielzahl der Stationen der Ausstellung zeigt, auch in Städten wie Wien und Taipeh.
In Anbetracht der bevorstehenden Entscheidungen über den Denkmalschutz und der anhaltenden Proteste bleibt abzuwarten, wie sich die Situation rund um die „Keksdose“ entwickeln wird. Die Herausforderungen für die Universität und die Stadt Bremen sind dabei vielschichtig und erfordern ein sensibles Vorgehen.
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Ort | Universität Bremen, Deutschland |
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