Stadtgeschichte hautnah: Familienfotos aus Abram Mittelmanns Atelier gesucht!
Erfahren Sie mehr über Abram Mittelmann, den jüdischen Fotografen in Leipzig, und die bevorstehende Sonderausstellung.

Stadtgeschichte hautnah: Familienfotos aus Abram Mittelmanns Atelier gesucht!
In Leipzig ist zurzeit das Erbe eines außergewöhnlichen Fotografen im Fokus des Publikums: Abram Mittelmann. Der jüdische Fotograf, geboren am 2. Mai 1876 im Russischen Kaiserreich, eröffnete am 28. Oktober 1904 sein vielversprechendes Fotounternehmen am Löhrs Platz 2 in der Stadt. Besonders seine Ansichtskarten und Vergrößerungen erfreuten sich großer Beliebtheit, was ihn zu einer geschätzten Figur in der Leipziger Kulturszene machte. Leipzig.de berichtet, dass auf dem Dachboden seines ehemaligen Geschäfts 1988 über 2.000 Glasnegative entdeckt wurden, die einen eindrucksvollen Einblick in die Alltagswelt der Menschen jener Zeit geben.
Mittelmann, der zunächst eine Ausbildung zum Apotheker begann, wandte sich bald der Fotografie zu und brachte es in kürzester Zeit zu einem florierenden Geschäft. 1909 zog er mit seiner Familie in eine großzügige Wohnung im Peterssteinweg 15, wo er ein Fotolabor einrichtete. Nach dem Ersten Weltkrieg erweiterte er sein Geschäft und bot eine Vielzahl von Produkten für Amateur- und Berufsfotografen an. Leider änderte sich die Situation dramatisch, als die Nationalsozialisten 1933 an die Macht kamen. Ab diesem Zeitpunkt geriet Mittelmann zunehmend ins Visier von Verfolgung und Diskriminierung.
Die dunkle Zeit der Verfolgung
Mit der Machtübernahme der Nationalsozialisten wurde das Leben für Mittelmann und seine Familie zur ständigen Herausforderung. Ab 1933 sah er sich vermehrt Schikanen ausgesetzt und wurde mehrfach verhaftet. Nach der Pogromnacht am 9. November 1938 war das Aus für sein Gewerbe besiegelt, und er plante mit seiner Frau die Flucht. Diese Flucht führte ihn schließlich nach Belgien, wo er in der Nacht vom 3. auf den 4. September 1942 während einer Razzia ermordet wurde. Tragisch ist, dass während dieser Zeit auch seine Familie erhebliche Schicksalsschläge erlitten hat: Seine Tochter Nadja wurde in Auschwitz ermordet, während die beiden anderen Söhne Leon und Siegfried das Flüchtlingsschicksal überstanden.
Die über 1.800 Porträts, die aus dem Nachlass von Mittelmann hervorgegangen sind, zeichnen ein lebendiges Bild der Stadtgesellschaft Leipzigs und deren jüdischen Gemeinde. Diese Fotografien sind heute in der digitalen Sammlung des Stadtgeschichtlichen Museums Leipzig zugänglich. Wikipedia betont die kulturelle Relevanz dieser Aufnahmen, die bis zum heutigen Tag als wichtige Dokumente der jüdischen Geschichte in Deutschland gelten.
Auf der Suche nach Erinnerungen
Anlässlich der Wiederentdeckung dieser Fotografien ruft Dr. Johanna Sänger, Kuratorin für Stadt- und Landesgeschichte, die Öffentlichkeit dazu auf, nach weiteren Familienfotos aus dem Atelier Mittelmann zu suchen. Diese Initiative soll nicht nur die Geschichte des Fotografen, sondern auch die der Menschen in Leipzig lebendig halten. Eine Sonderausstellung, die sich mit den Geschichten hinter diesen Bildern beschäftigt, wird ab Juni 2026 im Stadtgeschichtlichen Museum stattfinden. Diese Veranstaltung steht im Rahmen des Sächsischen Themenjahres „Tacheles“, das wichtige historische Themen beleuchten möchte. Die Vorbereitungen für die Ausstellung werden großzügig von der Ostdeutschen Sparkassenstiftung, der Sparkasse Leipzig und der Stadt Leipzig unterstützt.
Das Erbe von Abram Mittelmann lebt also weiter, und mit der Unterstützung der Stadt und ihrer Bürger wird dafür gesorgt, dass diese wichtigen Zeitzeugen nicht in Vergessenheit geraten. In einer Zeit, in der Erinnerungen an die Geschichte so wichtig sind, bietet die Suche nach weiteren Fotografien und Geschichten eine Möglichkeit, das kulturelle Gedächtnis zu bewahren und die Vergangenheit zu reflektieren. Akademische Quellen belegen, dass die fotografischen Arbeiten jüdischer Künstler während des Nationalsozialismus nicht nur ästhetische, sondern auch soziale Dimensionen besitzen.