Plattenbau unter dem Mikroskop: Kunst zeigt DDR-Wohnkultur neu!

Potsdam, Deutschland - Das Minsk-Kunsthaus in Potsdam richtet sich in einer neuen Ausstellung dem Phänomen des ostdeutschen Plattenbaus aus der DDR-Zeit zu. Unter dem Titel „Wohnkomplex. Kunst und Leben im Plattenbau“ werden ab dem 6. September 2025 bis zum 8. Februar 2026 rund 50 Werke von verschiedenen Künstlerinnen und Künstlern präsentiert. Die gezeigten Kunstformen umfassen Installationen, Gemälde, Zeichnungen, Fotografien und Filme aus den 1970er Jahren bis zur Gegenwart. Gastkurator Kito Nedo betont, dass die Ausstellung neue Perspektiven auf das Bau- und Lebensmodell des Plattenbaus eröffnet.
Bereits vor der Wende war der Plattenbau ein zentraler Bestandteil der sozialpolitischen Strategie der DDR. Er wurde als Ort der Vergesellschaftung und als Symbol für den Fortschritt im realsozialistischen System angesehen. Diese Sichtweise wandelte sich jedoch nach der Wende, als die Plattenbauten zunehmend als Symbole sozialer Probleme und rassistischer Gewalt wahrgenommen wurden. Die Ausstellung reflektiert, wie urbane Räume die Lebensentwürfe und das soziale Gefüge in der Gesellschaft beeinflussen.
Ein Teil der Geschichte
Im Rahmen der Ausstellung wird der Plattenbau nicht nur als Wohnort thematisiert, sondern auch als ein Symbol sozialer Utopien und ein Projektionsfeld für gesellschaftliche Veränderungen. Künstlerische Arbeiten werden eng mit gesellschaftspolitischen Fragestellungen verknüpft. Der Plattenbau ist mehr als nur eine Bauweise; er bleibt ein Teil der gelebten Gegenwart und fungiert als Erinnerungsort der DDR.
Die Geschichte des Plattenbaus in Berlin reicht bis in die 1920er Jahre zurück, als der erste Versuch, die Splanemann-Siedlung, unternommen wurde. Allerdings hielt dieser Ansatz nicht lange, da er als ineffizient galt. Nach dem Zweiten Weltkrieg wurden in den 1950er Jahren große Projekte wie Hansaviertel im Westen und die Stalinallee im Osten realisiert, die jedoch hohe Kosten verursachten. Der Mangel an Wohnraum führte schließlich zur Standardisierung der Bauweisen, die den Plattenbau populär machten.
Der Plattenbau heute
Besonders in den 1970er Jahren erlebte der Plattenbau im Osten einen regelrechten Boom unter Erich Honecker, um die Wohnverhältnisse der Bevölkerung zu verbessern. Im Rahmen des Apartment Construction Programme, das 1973 ins Leben gerufen wurde, entstanden bis zur Wende 1,9 Millionen Wohnungen, wobei Marzahn mit 100.000 neugebauten Einheiten herausstach. Dieser Anstieg an Wohnraum spiegelte das gesellschaftliche Bestreben wider, die Lebensqualität innerhalb der sozialistischen Agenda zu steigern.
Heutzutage sind viele Plattenbauten in Berlin jedoch um die 50 bis 60 Jahre alt. Der Fotograf Jesse Simon, der vor über zehn Jahren nach Berlin zog, hat diese Architektur formell dokumentiert und für die Öffentlichkeit auf Instagram und in einem zweisprachigen Buch bekannt gemacht. Er fordert eine Neubewertung dieser Bauwerke, die lange Zeit als unattraktiv galten. Um die Herausforderung des aktuellen Wohnungsmangels zu adressieren, wird oft eine Rückkehr zu Serienbauten vorgeschlagen, auch wenn Politiker lieber von „serieller Bauweise“ sprechen. Der Plattenbau bleibt somit sowohl ein Erbe der Vergangenheit als auch eine Herausforderung für die gegenwärtige soziale Wohnungsdebatte.
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Ort | Potsdam, Deutschland |
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