Karol Nawrocki siegt überraschend: Was bedeutet das für Polen?

Karol Nawrocki gewinnt die Präsidentenwahl in Polen 2025 mit 50,89%. Was bedeutet sein Sieg für die Politik?
Karol Nawrocki gewinnt die Präsidentenwahl in Polen 2025 mit 50,89%. Was bedeutet sein Sieg für die Politik? (Symbolbild/NAG)

Warschau, Polen - Karol Nawrocki hat die Präsidentschaftswahl in Polen mit 50,89 Prozent der Stimmen gewonnen und damit seinen Gegenkandidaten, den liberalen Bürgermeister von Warschau, Rafał Trzaskowski, der 49,11 Prozent erzielte, knapp geschlagen. Der Vorsprung Nawrockis betrug rund 370.000 Stimmen. Sein Wahlsieg markiert eine Verlängerung der zehnjährigen Präsidentschaftszeit der rechtskonservativen Partei Recht und Gerechtigkeit (PiS), die von 2015 bis 2023 an der Macht war. Nawrocki trat als parteiloser Kandidat an, konnte jedoch auf die Unterstützung der PiS zählen.

Im ersten Wahlgang am 18. Mai lag der rechtspopulistische Kandidat Sławomir Mentzen vorne, jedoch zogen Nawrocki und Trzaskowski aufgrund ihrer Stimmenanteile in die Stichwahl ein. Dabei gewann Nawrocki die meisten Stimmen von den ausgeschiedenen Kandidaten, was entscheidend für seinen Sieg war. Während Trzaskowski in größeren Städten wie Warschau, Krakau und Lodz stark abschnitt, dominierte Nawrocki in kleineren Städten und ländlichen Regionen. Diese geografische Divergenz reflektiert ein Ost-West-Gefälle in den Wählerpräferenzen, wobei die PiS in den katholisch geprägten Gebieten im Südosten des Landes besonders stark ist, während der liberale Norden andere Neigungen aufweist.

Wählerschaft und Genderaspekte

Besonders auffällig ist, dass jüngere Wähler im Alter von 18 bis 39 Jahren Nawrocki bevorzugten, obgleich Frauen tendenziell für Trzaskowski stimmten. Männer gaben Nawrocki mit einem Vorsprung von 10 Prozentpunkten den Vorzug. Diese gespaltene Wählerschaft zeigt, wie unterschiedlich die politischen Präferenzen innerhalb der polnischen Gesellschaft sind.

Mit seinem Amtsantritt wird Nawrocki auf weitreichende Befugnisse im Präsidentenamt zugreifen können, die ihm unter anderem das Recht geben, den Regierungschef und das Kabinett zu ernennen. Zudem ist er im Kriegsfall Oberkommandierender der Streitkräfte. Das präsidentielle Vetorecht, das Nawrocki von seinem Vorgänger Andrzej Duda häufig genutzt sah, könnte bald kritisch für die Politik des neuen Premierministers Donald Tusk werden. Tusk hatte auf einen Wahlsieg Trzaskowskis gehofft, um die letzten Hindernisse für seine Reformanstrengungen, die unter anderem die missliebigen Justizreformen der vorherigen PiS-Regierung betreffen, zu überwinden.

Politische Implikationen

Nawrockis Sieg könnte Tusk’s Vorhaben ernsthaft gefährden und die Bemühungen um die Reform der polnischen Justiz, Medien und Kultur blockieren. Während seines Wahlkampfs sah sich Nawrocki mit Skandalen konfrontiert, darunter Vorwürfe über seine Verbindungen zur Unterwelt und die Nutzung einer Wohnung in Danzig. Trotz dieser Herausforderungen kam es zu einer späten Unterstützung durch einen far-right Kandidaten, die ihm möglicherweise den entscheidenden Vorteil verschaffte.

Nawrocki, ein Historiker und ehemaliger Leiter bedeutender kultureller Institutionen in Polen, betonte während seiner Wahlkampfzeit seinen katholischen Glauben und sprach sich für eine Reduzierung der Migration sowie gegen die EU aus. Sein siegreiches Wahlergebnis könnte auch die Chancen auf eine Lockerung des aktuell strengen Abtreibungsrechts sowie die gesetzlichen Einschränkungen für gleichgeschlechtliche Partnerschaften verringern.

Die politischen und gesellschaftlichen Herausforderungen, die Nawrocki jetzt zu bewältigen hat, sind erheblich. Schon jetzt wird über ein bevorstehendes Misstrauensvotum für Tusks Koalitionsregierung spekuliert, was die politische Landschaft in Polen weiter belasten könnte. Die Reaktionen auf Nawrockis Wahl und die künftigen Schritte seiner Regierung werden national und international genau beobachtet.

Die Wahl in Polen fand im Rahmen eines komplexen historischen Kontextes statt, der durch die erneute Einführung des Präsidentenamtes im Jahr 1989 und die geltende Verfassung von 1997 geprägt ist. Diese unterstreicht die Rolle des Präsidenten als Staatsoberhaupt mit wesentlichen Kompetenzen in der Innen- und Außenpolitik.

Die aktuellen Herausforderungen sind nicht nur innerpolitischer Natur, sondern betreffen auch die Beziehungen zur EU, die durch die umstrittenen Justizreformen der PiS-Kabinettszeit bereits unter Druck geraten sind. Nawrockis Wahl könnte diese Spannungen weiter verstärken, da er der Linie seines Vorgängers folgen könnte.

Die nächsten Schritte auf Nawrockis Beziehung zur EU, die Strategie im Umgang mit dem Parlament und die weitere Zusammenarbeit mit den USA gelten als richtungsweisend für die zukünftige Ausrichtung Polens.

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Ort Warschau, Polen
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