Kriegsverbrecher in Deutschland: Gerechtigkeit oder Versteckspiel?

Untersuchung von Kriegsverbrechern in Deutschland: Experten beleuchten Gerechtigkeit und rechtliche Herausforderungen im Podcast "Amnestie Deutschland".
Untersuchung von Kriegsverbrechern in Deutschland: Experten beleuchten Gerechtigkeit und rechtliche Herausforderungen im Podcast "Amnestie Deutschland". (Symbolbild/NAG)

Kriegsverbrecher in Deutschland: Gerechtigkeit oder Versteckspiel?

Berlin, Deutschland - Die Frage, ob Deutschland ein sicherer Hafen für Kriegsverbrecher ist, beschäftigt nicht nur Juristen, sondern auch die betroffene Gesellschaft. In der neuen Serie „Amnestie Deutschland“ auf WDR 5, moderiert von Azadê Peşmen, wird dieser brisante Thematik tiefgründig nachgegangen. Die fünfteilige Reihe beleuchtet Fälle von Kriegsverbrechern, die trotz ihrer Gräueltaten in Deutschland leben und somit die Frage aufwerfen, wie weit das Streben nach Gerechtigkeit reichen kann. Gerade die Auseinandersetzung mit Oberst Anwar Raslan, einem ehemaligen Geheimdienstler aus Syrien, gibt einen einschüchternden Einblick in das, was in Deutschland möglich scheint. Ein Geflüchteter erkannte ihn in Berlin und konfrontierte ihn mit seinen Verbrechen, die im Prozess von Koblenz Thema waren. Dabei wird die Frage der Gerechtigkeit für die Opfer immer wieder neu aufgerollt. [WDR] berichtet darüber, wie auch Luis Kyburg, ein argentinischer Militärkommandant, unbehelligt in Berlin lebt, obwohl er wegen Verbrechen gegen die Menschlichkeit gesucht wird. Warum wird er nicht nach Argentinien ausgeliefert?

Eine der am weitesten verbreiteten Entschuldigungen für die Untätigkeit ist das fehlerhafte Funktionieren internationaler Gesetze. Der Bundestag hat den Holodomor, einen Völkermord, der in den 1930er-Jahren bis zu sieben Millionen Ukrainer das Leben kostete, als „Mord durch Hunger“ anerkannt. Dies sendet ein starkes politisches Zeichen, ist aber verknüpft mit der Tatsache, dass die Aufarbeitung solcher Massengewalt Jahrzehnte dauern kann. [Deutschlandfunk] hebt hervor, dass die juristische Definition von Völkermord, die 1944 von Raphael Lemkin geprägt wurde und in der UN-Genozid-Konvention von 1948 festgehalten ist, sowohl rechtliche als auch politische Bedeutung hat. Diese Konvention ist eine Reaktion auf die Gräueltaten der Nationalsozialisten und schließt Immunität für Staatsoberhäupter aus, was für die Verfolgung von Kriegsverbrechern in Deutschland von zentraler Relevanz ist.

Völkermord und Gerechtigkeit

Aber was definiert eigentlich einen Völkermord? Laut der UN-Genozid-Konvention sind es Tötungen, das Zufügen von schwerem Leid oder das gezielte Herbeiführen von Lebensbedingungen, die auf die Zerstörung einer Gruppe abzielen. [Völkermordkonvention] spricht in diesem Zusammenhang von Handlungen, die an nationalen, ethnischen, rassischen oder religiösen Gruppen begangen werden. Diese Definition stellt sicher, dass der Vorsatz zur Vernichtung bereits als Völkermord gewertet wird, unabhängig davon, wie viele Mitglieder tatsächlich getötet wurden.

Doch auch der Blick in die Vergangenheit offenbart, dass das Streben nach Gerechtigkeit oft ins Stocken gerät. In der letzten Folge von „Amnestie Deutschland“ wird das Sivas-Attentat von 1993 thematisiert, bei dem Islamisten ein Hotel anzündeten, in dem alevitische Festivalteilnehmer logierten. Einige der Täter leben heute Jahrzehnte später noch immer unbehelligt in Deutschland. Warum greift hier das Weltrechtsprinzip nicht? Diese Fragen schwingen durch die gesamte Serie und zeigen auf, dass es um weit mehr geht als um juristische Zuschreibungen. Letztlich ist es eine gesellschaftliche Aufgabe, sowohl die Vergangenheit aufzuarbeiten als auch die weichen Fragen der Menschlichkeit zu beantworten.

Das Leben mit solchen ungelösten Fragen fordert nicht nur juristische Aufarbeitung, sondern auch ein gesellschaftliches Umdenken. In Anbetracht der geschichtlichen Last mag der Weg zur Gerechtigkeit steinig sein, doch er führt zwangsläufig über Aufklärung und kritische Auseinandersetzungen. Lassen wir uns überraschen, welche Entwicklungen in den kommenden Monaten sowohl die rechtlichen Rahmenbedingungen als auch unser gesellschaftliches Bewusstsein prägen werden.

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OrtBerlin, Deutschland
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