57-Jährige soll Mann mit Rollstuhl angefahren haben – Prozess läuft!

Am 11.06.2025 fand der zweite Verhandlungstag gegen eine 57-jährige Frau wegen versuchten Totschlags am Landgericht Verden statt.
Am 11.06.2025 fand der zweite Verhandlungstag gegen eine 57-jährige Frau wegen versuchten Totschlags am Landgericht Verden statt. (Symbolbild/NAG)

57-Jährige soll Mann mit Rollstuhl angefahren haben – Prozess läuft!

Bassum, Deutschland - Am 11. Juni 2025 fand der zweite Hauptverhandlungstag im Sicherungsverfahren am Landgericht Verden statt. Die 57-jährige Beschuldigte, die unter psychischen Erkrankungen leidet, steht im Verdacht, vor rund einem halben Jahr absichtlich einen 47-jährigen Mann mit ihrem elektrischen Rollstuhl angefahren zu haben. Der Vorfall ereignete sich, als der Geschädigte auf seinem Rad fuhr und durch das Anfahren von der Fahrbahn stürzte und gegen ein herannahendes Auto prallte, wodurch er leichte Verletzungen erlitt. Laut Weser-Kurier berichtete der Geschädigte des Weiteren von jahrelangem „Psychoterror“ durch die Beschuldigte, die ihn stets des Diebstahls bezichtigt hatte.

Im Gerichtssaal verhielt sich die Beschuldigte auffällig und machte Zwischenrufe, während sie andere Zeugen aufforderte, lauter zu sprechen. Ihre Pflichtverteidigerin sah eine förmliche Einlassung nicht als sinnvoll an. Die Staatsanwaltschaft wirft der Frau versuchten Totschlag, gefährliche Körperverletzung sowie einen gefährlichen Eingriff in den Straßenverkehr vor. Der Vorfall soll laut Anklage während eines „akut psychotischen Erlebens und Wahnvorstellungen“ geschehen sein.

Psychiatrische Begutachtung und rechtliche Implikationen

Die Einschätzung der Schuldfähigkeit ist in diesem Fall von entscheidender Bedeutung. Die rechtlichen Rahmenbedingungen und die Rolle psychiatrischer Gutachten wurden durch eine Entscheidung des Bundesgerichtshofs (BGH) am 20. Februar 2024 klargestellt. Diese Entscheidung bezieht sich auf die Unterbringung eines Angeklagten in einem psychiatrischen Krankenhaus und betont die Notwendigkeit sorgfältiger psychiatrischer Begutachtungen, um die Schuldfähigkeit im Kontext psychischer Erkrankungen zu bewerten. In einem ähnlichen Fall wurde einem Angeklagten, der an paranoid-halluzinatorischer Schizophrenie leidet, zuvor mehrfach die Schuldunfähigkeit attestiert, was die Komplexität der Beurteilung unterstreicht (Ferner-Alsdorf).

Psychiatrische Gutachten sind im Strafrecht zentral für die Beurteilung der Schuldfähigkeit. Sie helfen den Gerichten festzustellen, ob eine psychische Erkrankung die Fähigkeit beeinträchtigt, die rechtlichen Konsequenzen eigener Handlungen zu verstehen und sich entsprechend zu verhalten. Bei der Erstellung solcher Gutachten kommen klinische Interviews, Tests und die Analyse der medizinischen Vorgeschichte zum Einsatz. Dennoch gibt es Herausforderungen, wie die Subjektivität der Diagnosen oder die wechselnden Symptome psychischer Erkrankungen, die eine neutrale Beurteilung erschweren. Ein umfangreicher Austausch zwischen Psychiatern, Juristen und Richtern ist daher von großer Bedeutung, um faire Urteile zu gewährleisten (anwalt.de).

Aktuelle Situation und Ausblick

Die Beschuldigte gilt als gefährlich für die Allgemeinheit und wird zurzeit im Maßregelvollzugszentrum Niedersachsen in Moringen untergebracht. Ihr Lebenslauf wird als „sehr schwierig“ beschrieben, wobei Alkohol eine möglicherweise mitwirkende Rolle in ihrer Situation spielt. Zeuginnen berichteten zudem von der geringen Frustrationsschwelle der Frau.

In der kommenden Woche wird die Verhandlung fortgesetzt. Die gesamte Situation wirft wichtige Fragen zur rechtlichen Behandlung von psychisch kranken Straftätern auf und zeigt die Herausforderungen bei der Beurteilung von Schuldfähigkeit und psychischen Erkrankungen im Justizsystem auf.

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OrtBassum, Deutschland
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