Dyskalkulie-Alarm: Experten fordern Nachteilsausgleich für Betroffene!

Dyskalkulie-Alarm: Experten fordern Nachteilsausgleich für Betroffene!
Sachsen, Deutschland - Dyskalkulie, auch bekannt als Rechenschwäche, ist eine weit verbreitete, jedoch oft unerkannte Störung, die schätzungsweise 2 bis 8% der Bevölkerung betrifft. Diese Entwicklungsstörung zeigt sich in Schwierigkeiten, die Bedeutung von Zahlen zu verstehen, grundlegende mathematische Konzepte zu begreifen und mathematische Operationen korrekt durchzuführen. Der Umgang mit Zahlen bereitet den Betroffenen, trotz normaler Intelligenz, erhebliche Probleme, was oftmals zu Ängsten vor Mathematik und einer damit verbundenen geringen Leistungsmotivation führt. Triftige Auswirkungen sind unter anderem psychosomatische Beschwerden und ein Verlust an Lebensqualität bei den betroffenen Kindern. Ein Beispiel ist das 8-jährige Kind Lara, das trotz guter Leistungen in anderen Fächern in Mathematik „ungenügend“ abschneidet und dadurch Ängste entwickelt. Besonders häufig sind Kinder im Schulalter betroffen, wobei Mädchen dafür gleich häufig oder sogar etwas häufiger als Jungen leiden.
Die WHO stuft Dyskalkulie als psychische Erkrankung ein. In Deutschland gibt es seit 2018 eine S3-Leitlinie zur Diagnostik und Behandlung dieser Rechenstörung, die aktuell aktualisiert wird. Diese evidenzbasierte Leitlinie bietet maßgebliche Empfehlungen zur Diagnostik, Therapie und Förderung von Betroffenen. Grundsätzlich haben Kinder mit diagnostizierter Dyskalkulie Anspruch auf Nachteilsausgleich in verschiedenen Bundesländern, was bedeutet, dass spezielle Unterstützungsmaßnahmen im Bildungssystem bereitgestellt werden müssen. In Thüringen etwa ist Dyskalkulie seit 2008 als Teilleistungstörung anerkannt, weshalb Fachlehrer dazu verpflichtet sind, individuelle Förderpläne zu erstellen.
Dyslexie und Dyskalkulie im Bildungssystem
Im Jahr 2023 erklärte das Bundesverfassungsgericht, dass Legasthenie als Behinderung gilt, was das Recht auf Nachteilsausgleich zur gesellschaftlichen Teilhabe festschreibt. Dieser Fortschritt wirft die Frage auf, warum Dyskalkulie nicht ebenso behandelt wird. Bildungspolitiker Wurzler äußerte Bedenken über vorhandene Defizite bei sächsischen Lehrkräften im Umgang mit Dyskalkulie. In Sachsen müssen Schulen den Unterricht an die individuellen Lern- und Entwicklungsvoraussetzungen der Schüler anpassen, wobei Teilleistungsschwächen zu berücksichtigen sind. Angemessene Fördermaßnahmen sollen vor allem im regulären Unterricht erfolgen.
In Sachsen-Anhalt wird Dyskalkulie seit 2023 als Teilleistungsschwäche in Regelschulen berücksichtigt. Lehrer sind angehalten, das Lernen der Kinder im Blick zu behalten und gegebenenfalls Anpassungen im Unterricht vorzunehmen. Lehrkräfte sollten den Förderbedarf erkennen und geeignete Maßnahmen einleiten, dennoch gibt es keinen zentralen Nachweis über die Anzahl der qualifizierten Lehrer für Dyskalkulie in Sachsen. Experten sind sich einig, dass gezielte Therapien das mathematische Verständnis der Betroffenen fördern können. Dabei ist auch eine fachkundige Diagnostik und Therapie grundlegend, da Dyskalkulie oft zu weiteren psychischen Erkrankungen wie Ängsten oder Depressionen führen kann, wenn keine geeigneten Hilfen bereitgestellt werden.
Diagnostik und Therapie
Die Diagnostik von Dyskalkulie erfolgt durch Fachärzte oder Psychotherapeuten, wobei ein mehrdimensionaler Ansatz verfolgt wird. Dies beinhaltet Anamnese, Testdiagnostik sowie Verhaltensbeobachtungen. Besonders wichtig ist die frühzeitige Diagnostik, um rechtzeitig geeignete Fördermaßnahmen zu ergreifen. Zu diesen zählen gezielte Übungen zur Förderung der Rechenfähigkeiten, die Verwendung von greifbaren Materialien und die direkte Unterstützung der Eltern zur emotionalen Stärkung des Kindes. Nachteilsausgleiche in der Schule können unter anderem einen Zeitzuschlag bei Prüfungen oder Aussetzung der Notengebung umfassen.
Insgesamt ist es unabdingbar, dass die Öffentlichkeit und insbesondere das Bildungssystem sensibilisiert werden für die Thematik der Dyskalkulie. Effektive Fördermaßnahmen sind essenziell, um Betroffenen Perspektiven zu eröffnen und ihre Lebensqualität nachhaltig zu verbessern. In den kommenden Jahren könnte eine inklusive Bildung, die auch Lernschwächen wie Dyskalkulie berücksichtigt, entscheidend sein, um eine gerechtere und barrierefreiere Gesellschaft zu schaffen.
Für weiterführende Informationen zum Thema Dyskalkulie können Interessierte die Berichte von MDR, LPK-RLP und therapie.de konsultieren.
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Ort | Sachsen, Deutschland |
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