Glockenrevolution in Mittenwald: Digitales Läuten per App!

Mittenwald digitalisiert Kirchenglocken: Modernisierung ermöglicht Steuerung per Smartphone und erhält traditionelles Erbe.
Mittenwald digitalisiert Kirchenglocken: Modernisierung ermöglicht Steuerung per Smartphone und erhält traditionelles Erbe. (Symbolbild/NAG)

Mittenwald, Deutschland - Die Kirchenglocken der Mittenwalder Pfarrkirche St. Peter und Paul haben einen digitalen Wandel vollzogen. Ab sofort sind sie bequem per Handy steuerbar, was die Art und Weise, wie das Glockenläuten in der Gemeinde gehandhabt wird, grundlegend verändert. Der Mesner muss nicht mehr persönlich zur Kirche eilen, um die Glocken manuell zu läuten. Diese moderne Technik wurde durch eine Fachfirma umgesetzt, die das gesamte Läutsystem modernisierte. Wichtige Aspekte der kirchlichen Tradition bleiben dennoch erhalten, während eine neue Ära des digitalen Läutens beginnt.

Die älteste Glocke der Mittenwalder Kirche, eine Messglocke, wiegt beeindruckende eine halbe Tonne und ist fast 600 Jahre alt. Genauer gesagt, wurde sie entweder 1435 oder 1453 gegossen. Ebenso bemerkenswert ist, dass diese Glocke fast identisch im Alter ist mit der ersten urkundlich erwähnten Kirche in Mittenwald, die im Jahr 1315 dokumentiert wurde.

Digitalisierung und Tradition

Im Turm der Kirche hängen insgesamt sieben Glocken. Unter ihnen ist die beeindruckende Wetterglocke, die im Falle eines Gewitters bis zu 20 Minuten läuten kann. Bisher war es eine Pflicht für den Mesner Georg Maller, zu jedem Wetterläuten zur Kirche zu kommen und die Glocke manuell zu bedienen. Die neue Steuerung ermöglicht es nun, die Glocken je nach Uhrzeit, Wochentag oder Anlass individuell zu programmieren.

Interessant ist, dass die alte Läutanlage bereits seit den 1930er-Jahren über eine elektrische Steuerung verfügte. Vor dem Zweiten Weltkrieg waren Glöckner, Ministranten oder der Mesner dafür zuständig, die Glocken manuell mit Seilen zu läuten. Eines der sieben Glocken wird, die Wandlungsglocke, wird nicht mehr regelmäßig geläutet, da ihr Klang dem der Sterbeglocke ähnelt. Dennoch schlägt die Heldenglocke jeden Freitag um 15 Uhr zur Erinnerung an die Sterbestunde Jesu Christi – mit einer Ausnahme: an Karfreitag.

Die digitale Revolution des Glockenläutens ist Teil eines größeren Trends, der auch im nationalen Kontext sichtbar wird. Das Projekt *createsoundscape* ermöglicht es, die Klänge von über 5.000 Kirchen in Deutschland digital ins Wohnzimmer zu holen. Dies richtet sich vor allem an Menschen, die weit von ihrer Heimat entfernt sind und Sehnsucht nach vertrauten Glockenklängen haben. An Pfingsten wird die Glocke der 5.000. Kirche online gestellt, was die Reichweite und den Einfluss von Glockenläuten sozusagen ins Digitale überträgt. Laut dem Bericht von Evangelisch.de sind die meisten Zugriffe auf diese Plattform während der Urlaubszeit und an Weihnachten besonders hoch.

Kulturelles Erbe und Gemeinschaftsgefühl

Die Bedeutung von Glocken erstreckt sich weit über das bloße Läuten hinaus. Sie begleiten seit Jahrhunderten religiöse, gesellschaftliche und feierliche Anlässe. Der Klang von Glocken prägt den Alltag vieler Menschen und ist ein Teil des immateriellen Kulturerbes. Auch wenn technische Möglichkeiten die Art des Glockenläutens vereinfachen, bleibt die kulturelle Bedeutung von Glocken weiterhin unverändert. UNESCO hebt hervor, dass das Gießen und Läuten von Glocken handwerkliches Wissen und Traditionen vereint und ein starkes Gemeinschaftsgefühl stiftet.

Zusammenfassend lässt sich sagen, dass der digitale Wandel in Mittenwald nicht nur eine technische Innovation darstellt, sondern auch einen Schritt in die Zukunft der Glockenmusik markiert, die in der modernen Welt weiterhin eine unverzichtbare Rolle spielt.

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Ort Mittenwald, Deutschland
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