Widerstand gegen die DDR-Justiz: Jens' bewegte Geschichte vor dem Fall der Mauer

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Jens Erdmanns Kampf gegen die DDR-Justiz 1989, seine Flucht und Rückkehr nach Ueckermünde: Ein faszinierendes Kapitel Uckermarks.

Jens Erdmanns Kampf gegen die DDR-Justiz 1989, seine Flucht und Rückkehr nach Ueckermünde: Ein faszinierendes Kapitel Uckermarks.
Jens Erdmanns Kampf gegen die DDR-Justiz 1989, seine Flucht und Rückkehr nach Ueckermünde: Ein faszinierendes Kapitel Uckermarks.

Widerstand gegen die DDR-Justiz: Jens' bewegte Geschichte vor dem Fall der Mauer

Am 10. November 2025 blicken wir zurück auf eine spannende Episode in der Geschichte der DDR, die eines der vielen Gesichter der Jugendkultur dieser Zeit widerspiegelt. Ein junger Mann aus Pasewalk, Jens Erdmann, kämpfte in den letzten Monaten vor dem Fall der Mauer mit den rigiden staatlichen Strukturen und der allgegenwärtigen Repression.

Wie der Uckermarkkurier berichtet, besuchte Jens am 31. Mai 1989 mit seinem Freund Alex die „Wilde Sau“ in Torgelow. Der 19-Jährige, der gerade eine Elektriker-Lehre abgeschlossen hatte, war nach einem Streit mit seiner Freundin Doreen aufgebracht und wollte sich ablenken. Bei ein paar Bieren und Schnäpsen ließ er den Abend ausklingen. Leider wurde die Rückfahrt zu einem Albtraum: kurz vor heimischen Gefilden wurden sie von einem Polizisten am Bahnübergang Pasewalk-Ost gestoppt. Während Alex flüchtete, wurde Jens bald darauf von der Kriminalpolizei verhört.

Der Druck der staatlichen Justiz

Im Verhör spürte Jens den enormen Druck der DDR-Justiz, die zu der Zeit alles daran setzte, ihre Autorität zu behaupten. Ohne klare Beweise sollte er für das Fahren unter Alkoholeinfluss verantwortlich gemacht werden, obwohl er beteuern konnte, dass Alex der Fahrer war. Nach mehreren Treffen mit der Kriminalpolizei – und einem Vorwurf des „Widerstands gegen staatliche Maßnahmen“ – erhielt Jens schließlich rechtlichen Beistand von Anwalt Hubert Hiersche. Dessen Rat, gegen die Vorwürfe vorzugehen, sollte sich als goldrichtig herausstellen.

Jens wurde am 31. August 1989 freigesprochen. Doch das war nicht das Ende: Der Staatsanwalt legte Einspruch ein, und das Verfahren wurde erneut aufgerollt. Am 2. November 1989 konnte Jens schließlich wiederum für sich entscheiden, da auch diesmal keine überzeugenden Beweise gegen ihn vorlagen.

Der Geist der Widerstandskultur

Diese persönlichen Erfahrungen stehen im Einklang mit einem größeren Kontext der Jugend in der DDR während der späten 1980er Jahre. Laut der Bundeszentrale für politische Bildung war der Drang der Jugendlichen, aus der DDR auszubrechen und neue Wege zu gehen, mehr als nur ein individueller Wunsch. Die kulturelle Prägung war bis dahin tiefgreifend, geprägt durch Widerstand gegen staatliche Normen und eine Sehnsucht nach westlichen Lebensstilen, die das Rock ‘n’ Roll-Phänomen einschlossen. Diese Musikrichtung wurde von den Behörden als Bedrohung empfunden und führte zu repressiven Maßnahmen.

Die Jugendkultur jener Zeit war ein ständiger Balanceakt zwischen staatlicher Kontrolle und dem Drang nach Freiheit. Viele Jugendliche, die in der Zeit von 1949 bis 1961 in der DDR aufwuchsen, fühlten sich gefangen in einem System, das ihre persönliche Entfaltung und Kreativität einschränkte. Dies führte dazu, dass über 2,7 Millionen Menschen das Land verließen, davon viele im Alter von 16 bis 25 Jahren.

Ein neues Leben nach der Wende

Nach dem Mauerfall machte Jens dann einen Neustart im Westen. Er arbeitete in verschiedenen Berufen und kehrte schließlich 2011 zurück nach Ueckermünde, wo er heute mit seiner Frau Doreen lebt. Seine Erlebnisse während der dramatischen Tage der Wende haben ihn offenbar so sehr geprägt, dass er plant, ein Buch mit dem Titel „Letzter Freispruch vor dem Mauerfall“ zu veröffentlichen, um seine Geschichte und die der jungen Menschen seiner Generation zu teilen.

Jens Erdmanns Geschichte ist nicht nur ein individuelles Schicksal, sondern ein kraftvolles Beispiel für die Herausforderungen und den Mut der DDR-Jugend jener Zeit. Sie zeigt, wie Ausdauer und der Drang nach Freiheit auch unter widrigen Umständen nicht unterdrückt werden konnten.