Fischer bangen um Existenz: EU diskutiert Fangstopps in der Ostsee
Mecklenburg-Vorpommern kämpft mit sinkenden Fangquoten für Dorsch und Hering. EU-Entscheidung steht bevor.

Fischer bangen um Existenz: EU diskutiert Fangstopps in der Ostsee
Die Fischer an der Ostsee stehen vor einer krisenhaften Situation. Sinkende Fangquoten und angespannte Bestände führen dazu, dass zahlreiche Familienbetriebe um ihre Existenz bangen. Aktuell berät der EU-Ministerrat in Luxemburg über neue Regelungen für die Fischerei im nächsten Jahr. Dabei wird auch über einen möglichen Fangstopp für Dorsch und Hering diskutiert, was für die Fischer katastrophale Folgen haben könnte. Wie NDR berichtet, stehen die Fischer in Mecklenburg-Vorpommern aufgrund dieser Unsicherheiten unter starkem Druck.
„Eine komplette Einstellung der Heringsfischerei wäre für uns existenzbedrohend“, äußert sich Holger Müller, ein Fischer in vierter Generation, der vor Ort Hering vermarktet. Aktuell dürfen deutsche Fischer in der westlichen Ostsee nur 435 Tonnen Hering fangen. Das Problem: Diese Menge reicht bei den gesunkenen Beständen nicht aus, um die Fischer über Wasser zu halten. Immerhin ist die Schleppnetzfischerei auf Hering bereits seit Jahren verboten, aber das hilft nicht, die Situation zu verbessern.
Der Zustand der Bestände
Die alarmierenden Rückgänge der Fischbestände sind zum Teil auf klimatische Veränderungen zurückzuführen. Hering laicht zu früh ab, was hohe Sterblichkeiten unter den Larven zur Folge hat. Der Dorsch leidet unter Sauerstoffarmut und höheren Wassertemperaturen, die ihn ebenfalls in Bedrängnis bringen. Trotz mehrfacher Fangbeschränkungen sehen die Experten keine Besserung der Situation.
„Die Fischbestände in der Ostsee sind durch Überfischung und die Zerstörung von Laichgebieten in Gefahr“, erklärt Rainer Froese vom Geomar Helmholtz-Zentrum für Ozeanforschung. Er plädiert für einen Fangstopp für Dorsch und Hering für mindestens ein Jahr. Während die andere Fischerei weiterhin stabilere Arten wie Schollen und Plattfische fangen könnte, wäre ein solcher Stopp für viele Fischer eine Herausforderung. Als Lösungsansatz schlägt Froese vor, dass Fischern während dieser Zeit Entschädigungen gewährt werden sollten.
Politische Positionen und Vorschläge
Christopher Zimmermann, vom Thünen-Institut, warnt zudem vor dem Kippen bestehender Ausnahmegenehmigungen, die den Fischern in der westlichen Ostsee erlaubt hatten, auch unter den aktuellen Bedingungen weiterhin zu fangen. Die EU-Kommission schlägt in ihrem aktuellen Vorschlag für die Fangquoten von 2026 drastische Kürzungen vor, die von der Fischercommunity als Bedrohung empfunden werden. Die vorgeschlagenen Kürzungen umfassen einige Bestände, die um bis zu 84 Prozent reduziert werden sollen. Selbst die Bestände im Golf von Riga sollen um 17 Prozent sinken, wie europa.eu meldet.
Landwirtschaftsminister Till Backhaus betont, dass besondere Regelungen für die Küstenfischerei erforderlich seien, um deren Fortbestand zu sichern. Angesichts der Tatsache, dass bereits die Hälfte der Fischereihäfen in Mecklenburg-Vorpommern ohne Fischer dastehen, ist der Druck auf die Politik enorm. Immerhin arbeiten nur noch 147 Fischer im Hauptberuf und 132 im Nebenberuf in der Region, was einem Rückgang von etwa zwei Dritteln seit dem Jahr 2000 entspricht.
Ausblick auf die Zukunft
Die Verbraucherzentrale hat unterdessen die Liste „Guter Fisch“ aktualisiert, um den Konsumenten zu helfen, nachhaltige Ware zu erkennen. Die Frage bleibt: Wie wird der EU-Ministerrat entscheiden? Die Antwort darauf wird am Dienstag erwartet, und die Fischer in der Region hoffen, dass ihre Bedenken gehört werden, während sie weiterhin um ihre Existenz kämpfen.
Auf lange Sicht wird es wichtig sein, sowohl die Umwelt als auch die Fischerei in ein nachhaltiges Gleichgewicht zu bringen, um den Fortbestand beider zu sichern. Wenn nicht umgehend Maßnahmen getroffen werden, könnte es möglicherweise nicht nur für die Fischer, sondern auch für die Ökosysteme der Ostsee ernsthaft eng werden.