Kritik an Mikropro : Gesundheitsdaten in Gefahr – Was jetzt tun?
Kritik an Mikropro : Gesundheitsdaten in Gefahr – Was jetzt tun?
Wittenberg, Sachsen-Anhalt, Deutschland - Gesundheitsämter in Sachsen-Anhalt sitzen auf einem Sicherheitsproblem: Die Software „Mikropro“, die zur Erfassung von hochsensiblen Daten, etwa zu meldepflichtigen Infektionen und psychischen Erkrankungen, genutzt wird, weist ernsthafte Datenschutzmängel auf. Laut einem Bericht von MDR Sachsen-Anhalt dürfte diese Software nicht datenschutzkonform ausgeliefert worden sein, obwohl damit die wohl intimsten Daten der Bevölkerung verarbeitet werden.
Besonders kritisch äußert sich der Datenschutzbeauftragte von Rheinland-Pfalz in seinem aktuellen Jahresbericht zu den Mängeln. So fehlen unter anderem die erforderlichen Protokollierungsfunktionen und auch die Verschlüsselung der Daten lässt zu wünschen übrig. Diese Mängel wurden von den Landkreisen Harz und Wittenberg bestätigt, die die Software bereits im Einsatz haben und nun Maßnahmen zur Verbesserung der Sicherheitsstandards eingeleitet haben.
Sicherheit auf der Kippe
Mikropro wird in mehreren Landkreisen, darunter Harz und Wittenberg, für die Verarbeitung von Daten zu Erkrankungen wie HIV, Chlamydien und Masern eingesetzt. In Sachsen-Anhalt gibt es keine einheitliche Lösung für die Gesundheitsämter, wodurch einige Landkreise nach einer Übergangslösung suchen, während sie auf einen möglicherweise landesweiten Softwarestandard hoffen.
Die Problematik, die die Software begleitet, ist laut MDR-Recherchen nicht zu unterschätzen. Passwörter werden gar im Klartext gespeichert, und unverschlüsselte Daten können bei technischen Problemen ungewollt an die Herstellerfirma weitergegeben werden. Dies eröffnet unbefugten Dritten potentielle Zugriffe auf sensible Gesundheitsdaten – ein ernstzunehmendes Sicherheitsrisiko, das die betroffenen Gesundheitsämter vor große Herausforderungen stellt, zumal sie auch umfangreiche Anpassungen vornehmen müssen, um die Software datenschutzkonform zu betreiben.
Finanzielle Aspekte
Der finanzielle Aspekt der Nutzung von Mikropro steht ebenfalls im Raum. So hat der Landkreis Wittenberg allein etwa 116.000 Euro für Lizenzen und Einrichtung ausgegeben, während die Wartungskosten über vier Jahre fast 47.000 Euro betragen. Der Landkreis Harz hat 58.000 Euro für dieselben Zwecke investiert, und die jährlichen Wartungskosten belaufen sich auf zwischen 1.500 und 3.000 Euro. In Summe hat Mikropro somit mindestens 225.000 Euro aus Sachsen-Anhalt erhalten, was die Frage nach einer rentablen und vor allem sicheren Softwarelösung aufwirft.
Trotz der Bedenken bleibt die Reaktion der betroffenen Gesundheitsämter verhalten. Während einige Experten auf die Notwendigkeit einer datenschutzkonformen Softwareentwicklung nach dem Prinzip „Privacy-by-Default“ hinweisen, sehen die Gesundheitsämter der beiden Landkreise bislang keine signifikanten Probleme mit der Nutzung von Mikropro, was die Frage aufwirft, wie lange dieser Zustand noch tragbar ist.
Die Auseinandersetzung mit dieser Thematik ist für die Gesundheitsämter von höchster Wichtigkeit, da der Schutz privater Gesundheitsdaten nicht nur Pflicht, sondern auch ein Grundpfeiler des Vertrauens in das Gesundheitssystem ist. In dieser Situation bleibt abzuwarten, ob und wie sich die Softwareanbieter und die Gesundheitsbehörden auf den Druck der Öffentlichkeit und der Experten reagieren werden. Was jedoch jetzt schon klar ist, ist, dass die Zeit zum Handeln drängt.
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Ort | Wittenberg, Sachsen-Anhalt, Deutschland |
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