Weihnachtsmarkt in Magdeburg: Ein Fest im Schatten des Anschlags
Magdeburg bereitet sich auf den Weihnachtsmarkt vor, elf Monate nach einem tragischen Anschlag, der die Stadt erschütterte.

Weihnachtsmarkt in Magdeburg: Ein Fest im Schatten des Anschlags
Die Vorfreude auf den Weihnachtsmarkt in Magdeburg ist greifbar, doch die Schatten der Vergangenheit bleiben präsent. Am 20. November, elf Monate nach dem verheerenden Anschlag, bei dem ein Mann mit einem BMW X3 sechs Menschen das Leben kostete und über 300 verletzte, eröffnet der Weihnachtsmarkt auf dem Alten Markt. Dirk Eckermann, der an der Bimmelbahn arbeitet, verbindet mit diesem Ort nicht nur geschäftliche, sondern auch emotionale Erinnerungen, da sein Vater die Bahn 1969 baute. „Die Bimmelbahn hat für mich einen ganz persönlichen Bezug“, erzählt er.
Eckermann und seine Frau betreiben zwei Stände auf dem Markt, die Champignonpfanne und die Bimmelbahn. Für sie ist der Weihnachtsmarkt nicht schlicht ein Geschäft, sondern ein Symbol des Widerstands gegen den Täter. Der Stadtrat hat entschieden, den Markt trotz diverser Meinungen in der Stadt zu veranstalten, allerdings mit angepassten Standplätzen, um den Opfern und ihren Angehörigen Rechnung zu tragen.
Emotionale Spaltungen in der Stadt
Doch nicht jeder in Magdeburg ist begeistert von der Durchführung des Marktes. Doreen Majchrzak von der Notfallseelsorge beschreibt eine klare Teilung: Auf der einen Seite stehen die, die den Anschlag hinter sich lassen möchten, auf der anderen die, für die die Wunden noch frisch sind. Diese emotionalen Konflikte spiegeln sich auch im bevorstehenden Prozess gegen den Attentäter wider, der zehn Tage vor Eröffnung des Marktes beginnt und viele Menschen in der Stadt aufwühlen wird.
Die psychologischen Folgen des Anschlags sind für zahlreiche Betroffene weiterhin spürbar. Einige haben Schwierigkeiten, ausreichend Schlaf zu finden oder empfinden Angst, Zebrastreifen zu überqueren. Laut Prof. Martin Walter vom Deutschen Zentrum für Psychische Gesundheit ist es entscheidend, dass betroffene Personen und ihre Angehörigen rechtzeitig über therapeutische Angebote informiert werden. Es gibt eine Vielzahl von Anlaufstellen, die Unterstützung bieten, um die oft unsichtbaren Traumafolgen zu behandeln.
Kritik und Kunst als Ausdruck
Oberbürgermeisterin Simone Borris berichtet von über 1,5 Millionen Euro an Spenden für die Opfer der Tragödie und hebt die positiven Rückmeldungen zu den Veranstaltungen hervor, die zur Unterstützung der Betroffenen organisiert wurden. Dennoch gibt es auch kritische Stimmen zur Kommunikation mit den Opfern. In der Stadt sind Trauer und Verarbeitung ein ständiger Begleiter. Bastian Lomsché, Dramaturg am Theater Magdeburg, hat ein Stück mit dem Namen „Drei Minuten“ ins Leben gerufen, in dem er die Folgen des Anschlags thematisiert. Diese Ankündigung hat jedoch auch für Kontroversen gesorgt, sodass das Theater die Polizei hinzuziehen musste.
So gibt es in Magdeburg eine breite Palette an Reaktionen auf das bevorstehende Ereignis. Die Stadt ist nach wie vor im Schockzustand und viele sinken in den Verdrängungsmodus. Dennoch steht der Weihnachtsmarkt bevor – eine Chance für die Bürger, zusammenzukommen und ein Zeichen der Solidarität zu setzen. Das Fest steht vor der Tür und Magdeburg versucht, trotz aller Widrigkeiten, ein Stück Normalität zurückzugewinnen.