Gedenken an Clara Stier-Somlo: Ein Leben zwischen Wissen und Vernichtung

Das Projekt der Uni Kiel erinnert an Dr. Clara Stier-Somlo, eine verfolgte Bibliothekarin, deren Lebensgeschichte und Exilliteratur im Fokus stehen.
Das Projekt der Uni Kiel erinnert an Dr. Clara Stier-Somlo, eine verfolgte Bibliothekarin, deren Lebensgeschichte und Exilliteratur im Fokus stehen. (Symbolbild/NAG)

Kiel, Deutschland - Ein aktuelles Projekt an der Universität Kiel widmet sich dem Leben von Dr. Clara Stier-Somlo, einer jüdischen Bibliothekarin, die bis 1933 an der Universitätsbibliothek arbeitete. Laut Informationen von uni-kiel.de wurde Dr. Stier-Somlo aufgrund ihrer jüdischen Herkunft entlassen, was einen tiefgreifenden Einschnitt in ihre akademische Laufbahn darstellte.

Dr. Clara Stier-Somlo wurde am 22. Dezember 1899 in Charlottenburg geboren und war die Tochter von Fritz Stier-Somlo, einem Rechtswissenschaftler, und Gertrud Rosenthal. Ihr Großvater, Josef Stier, diente als Rabbiner der Neuen Synagoge in Berlin, was die familiären Wurzeln in der jüdischen Bildungstradition unterstreicht. Ihre akademische Laufbahn führte sie über Köln, München und Frankfurt am Main bis zur Promotion im Jahr 1924 an der Universität Köln. Ihre Dissertation behandelte das „Substitutionsprinzip und Substitutionsgesetz in der Wirtschaftstheorie“ (de.m.wikipedia.org).

Exil und Deportation

Nach der erfolgreichen Prüfung für den Höheren Bibliotheksdienst im Jahr 1930 arbeitete sie an verschiedenen Bibliotheken, darunter die Preußische Staatsbibliothek in Berlin und die Kieler Universitätsbibliothek, wo sie 1932 eine Stelle an trat. Am 1. April 1933 wurde sie jedoch unter Gewaltandrohung von Nationalsozialisten entlassen, da ihr vorgeworfen wurde, „zu viel katholische und jüdische Literatur“ beschafft zu haben. Diese Entlassung war Teil einer systematischen Diskriminierung und Verfolgung der jüdischen Bevölkerung im Deutschen Reich, die mit dem Machtantritt der NSDAP im Jahr 1933 einherging (segu-geschichte.de).

Nach ihrer Entlassung emigrierte Stier-Somlo nach Prag. Doch das Schicksal sollte grausam sein: Am 10. Juni 1942 wurde sie mit 1000 anderen Juden nach Polen deportiert, als Racheakt für das Attentat auf Reinhard Heydrich. Ihre Deportationsnummer war 73, und es wird angenommen, dass sie zwischen Juni 1942 und Oktober 1943 im Vernichtungslager Sobibor ermordet wurde de.m.wikipedia.org.

Erinnerung und Gedenken

Das Projekt zur Erinnerung an Dr. Stier-Somlo umfasst eine Audioinstallation, die das Leben der Bibliothekarin lebendig macht und in der Universitätsbibliothek drei Monate lang präsentiert wird. Unterstützt wird das Projekt von der Produzentin Daniela Herzberg und der Künstlerin Kristin Grothe. Fachlich begleitet wird es von Dr. Beate Kennedy und Anja Wucherpfennig von der UB Kiel. Schulleiter Gerhard Müller würdigt die Bedeutung des Projekts für das Gedenken an vergangenes Unrecht, während Dr. Kerstin Helmkamp, Direktorin der UB Kiel, die Verantwortung der Bibliothek für den freien Zugang zu Wissen betont (uni-kiel.de).

Zusätzlich wird in einer weiteren Klasse der Umgang mit Exilgedichten aus der Zeit des Nationalsozialismus behandelt. Diese Gedichte werden ab dem 3. Juni 2025 in die Ausstellung integriert. Das Projekt, das auch eine wissenschaftliche Stelle zur Erforschung von Clara Stier-Somlos Leben und Schicksal einrichten möchte, ist das dritte Erinnerungsprojekt des RBZ Wirtschaft. Frühere Projekte umfassten multimediale Beiträge in Kooperation mit dem Zentrum zur Geschichte Kiels.

Ein Stolperstein zu Ehren von Clara Stier-Somlo wurde am 5. März 2015 in Kiel verlegt, und ihre Schwester Helene sowie deren Familie wurden 1944 im KZ Auschwitz ermordet. Der Holocaust, ein Völkermord an sechs Millionen Juden, wird als größte Verbrechen der Menschheitsgeschichte betrachtet, dessen Schatten bis heute nachwirkt.

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Ort Kiel, Deutschland
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