Büros für Obdachlose: So helfen Unternehmen in Frankreich!

Frankreichs Initiative „Bureaux du cœur“ bietet Obdachlosen Büroräume als Schlafplätze. Erfolgreiche Integration durch Unternehmen.
Frankreichs Initiative „Bureaux du cœur“ bietet Obdachlosen Büroräume als Schlafplätze. Erfolgreiche Integration durch Unternehmen. (Symbolbild/NAG)

Nantes, Frankreich - In Frankreich hat eine innovative Initiative mit dem Namen „Bureaux du cœur“ (Büro des Herzens) an Fahrt aufgenommen, die es Unternehmen ermöglicht, ihre ungenutzten Büroräume zu nutzen, um wohnungslosen Menschen vorübergehende Schlafplätze anzubieten. Diese Bewegung wurde von einem Marketingagenturen-Chef in Nantes ins Leben gerufen, der die Idee hatte, leere Büros nachts für Obdachlose zugänglich zu machen. Laut der Ostsee-Zeitung sind mittlerweile etwa 260 Firmen in rund 30 Städten in Frankreich an dem Projekt beteiligt, und das Interesse wächst stetig.

Die Initiative arbeitet eng mit lokalen Hilfsorganisationen zusammen, um sicherzustellen, dass die Übernachtungsmöglichkeiten an die richtigen Personen vergeben werden. Die Kriterien für die Teilnahme umfassen, dass die Personen alleinstehend, erwachsen und frei von Drogen- oder Alkoholabhängigkeit sind, außerdem müssen sie gesundheitlich und psychisch stabil sein und an bestimmten Eingliederungsmaßnahmen teilnehmen. Diese Übernachtungen sind zeitlich befristet, wobei fast 90% der Teilnehmenden schlussendlich eine feste Anstellung und eine eigene Unterkunft finden.

Voraussetzungen und Unterstützung

Wie die Seite Lyon7rivegauche beschreibt, bietet die Organisation „Les Bureaux du Coeur“ verschiedene Formen von Unterstützung für Personen in großer Prekarität. Diese „Einladungen“ werden in den Büros von Unternehmen oder Organisationen untergebracht, die als „Gastgeber“ fungieren. Während der Übernachtungen, die mehrere Wochen bis Monate dauern können, sollen die Betroffenen sich auf ihre berufliche Laufbahn konzentrieren und ihre Reintegration in die Gesellschaft fördern.

Die Gastgeber müssen bestimmte Voraussetzungen erfüllen. Dazu gehören ein umgestaltbarer Schlafbereich für die Nacht sowie Zugang zu Toiletten und idealerweise zu Duschen und Kochgelegenheiten. Ziel ist es, eine Umgebung zu schaffen, die den Obdachlosen Sicherheit und Stabilität bietet, wodurch das Selbstwertgefühl der Teilnehmer gestärkt wird.

Herausforderungen in Deutschland

Das Netzwerk hinter „Bureaux du cœur“ plant, seine Aktivitäten auch auf andere europäische Länder auszuweiten. Erste Partner sind bereits in Lissabon, Barcelona und Brüssel gefunden. Allerdings stehen ähnliche Modelle in Deutschland vor erheblichen Herausforderungen. Laut der Ostsee-Zeitung bestehen rechtliche und organisatorische Hürden, die einer Umsetzung entgegenstehen. Insbesondere die baurechtlichen Nutzungsänderungen erfordern Genehmigungen, und es gibt zahlreiche versicherungsrechtliche Fragen, die geklärt werden müssen.

Zusätzlich äußern Hilfsorganisationen Bedenken, dass viele wohnungslose Menschen die strengen Anforderungen nicht erfüllen können. In Deutschland gibt es zwar eine Unterbringungspflicht für Obdachlose, diese führt jedoch nicht zwangsläufig zu einer nachhaltigen Lösung für das Hauptproblem, den angespannten Wohnungsmarkt und den Mangel an bezahlbarem Wohnraum. Ein Vorschlag wurde bereits unterbreitet, leerstehende Gewerbeflächen in Wohnraum umzuwandeln.

Europäische Perspektiven

Die Problematik der Obdachlosigkeit ist nicht nur ein nationales, sondern auch ein europäisches Anliegen. Die EU hat in den letzten Jahren Schritte unternommen, um diesen Herausforderungen gemeinsam zu begegnen. Eine hochrangige Konferenz in Lissabon im Jahr 2021 führte zur Unterzeichnung einer Erklärung gegen Obdachlosigkeit, die von verschiedenen politischen und sozialen Akteuren unterstützt wurde. Ziel dieser Maßnahmen ist es, sicherzustellen, dass niemand aufgrund fehlenden Wohnraums auf der Straße leben muss und dass adäquate Unterkünfte bereitgestellt werden.

Insgesamt zeigt die Initiative „Bureaux du cœur“, wie Unternehmen gesellschaftliche Verantwortung übernehmen können. Dies ist ein wichtiger Schritt zur Bekämpfung von Obdachlosigkeit, die nicht nur eine extreme Form der sozialen Ausgrenzung darstellt, sondern auch weitreichende negative Auswirkungen auf Gesundheit und Lebensqualität hat. Ein integrierter Ansatz, der sowohl kurzfristige als auch langfristige Lösungen umfasst, ist notwendig, um die Herausforderungen in Anbetracht der steigenden Obdachlosigkeit in Europa anzugehen.

Weitere Informationen und Details zur Initiative „Bureaux du cœur“ finden Sie auf den Webseiten der Ostsee-Zeitung, Lyon7rivegauche und Europäischen Plattform zur Bekämpfung der Obdachlosigkeit.

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Ort Nantes, Frankreich
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