Klimawandel am Dritten Pol: Greening oder Degeneration der Landschaft?

Die TU Braunschweig erforscht die Auswirkungen des Klimawandels auf das Tibetische Plateau und analysiert Widersprüche zwischen Wissenschaft und Praxis.
Die TU Braunschweig erforscht die Auswirkungen des Klimawandels auf das Tibetische Plateau und analysiert Widersprüche zwischen Wissenschaft und Praxis. (Symbolbild/NAG)

Tibetisches Plateau, China - Das Tibetische Plateau, oft als „dritter Pol“ bezeichnet, steht im Mittelpunkt intensiver wissenschaftlicher Forschungen, da es eine entscheidende Rolle für das globale Klima und die Wasserressourcen asiatischer Regionen spielt. Aktuelle Studien zeigen ein Phänomen des „Greening“ in dieser Region, basierend auf satellitenbasierten Fernerkundungsdaten. Diese Daten dokumentieren die räumliche und zeitliche Ausdehnung der Vegetation, wie TU Braunschweig berichtet. Doch die Realität vor Ort unterscheidet sich, wie Yak-Hirten berichten: Sie sehen eine Verschlechterung des Weidelands für ihre Tiere. Diese Diskrepanz zwischen wissenschaftlicher Beobachtung und lokalen Erfahrungen soll durch ein interdisziplinäres Team an der Technischen Universität Braunschweig untersucht werden.

Die Hauptmotivation dieser Studie ist die Klärung, ob das beobachtete „Greening“ oder eine umfassende Degradierung der Vegetation zutrifft. Die Erkenntnisse zeigen, dass sowohl Wissenschaftler als auch Hirten korrekte Beobachtungen machen, jedoch aus unterschiedlichen Perspektiven heraus. Wissenschaftler stützen sich auf quantitative Fernerkundungsdaten, während Hirten qualitative Bewertungen über die Qualität und Menge der verfügbaren Vegetation anstellen.

Wasserressourcen und Globaler Kontext

Das Tibetische Plateau ist nach der Antarktis und Arktis der drittgrößte Süßwasserspeicher in Form von Eis und hat somit enorme Bedeutung für den Wasserkreislauf in Asien. Fast ein Drittel der Weltbevölkerung ist auf die Wasserressourcen angewiesen, die von den Gletschern des Tibet Plateau bereitgestellt werden. Laut Leibniz wird die Region durch künftige Klimaveränderungen überproportional betroffen sein, was wiederum wesentliche Auswirkungen auf die Ökologie und Wirtschaft hat.

Dabei spielt der Nam-Co-See, der sich auf einer Höhe von 4700 m über dem Meeresspiegel erstreckt, eine entscheidende Rolle in diesen Untersuchungen. Er ist mit einer Fläche von fast 2000 km² unter den größten Seen im Hochland und wird im Rahmen des ICDP-Projekts „The Nam Co Drilling Project, Tibet (NamCore)“ beobachtet. Hierbei wird eine Vielzahl an geophysikalischen Bohrlochmessungen durchgeführt, um sedimentäre Daten zu gewinnen, die wertvolle Informationen über Klimaszenarien vergangener Zeitperioden liefern.

Interdisziplinäre Zusammenarbeit und Herausforderungen

Die Forscher der TU Braunschweig stehen vor der Herausforderung, unterschiedliche Wissensformen zu kombinieren, um ein vollständiges Bild der Situation zu gewinnen. Die interdisziplinäre Zusammenarbeit des Forschungsteams hat neue Perspektiven eröffnet, aber auch Schwierigkeiten mit sich gebracht. Die Unterschiede in der Methodik und Epistemologie zwischen Natur- und Geisteswissenschaften erforderten die Erklärung von Fachbegriffen und die Bereitstellung von Hintergrundinformationen für eine bessere Verständigung zwischen den Disziplinen.

Um die Erkenntnisse der Forschung für eine breitere Öffentlichkeit zugänglich zu machen, ist es auch wichtig, die widersprüchlichen Perspektiven der marginalisierten Gruppen, wie der Yak-Hirten, nicht zu ignorieren, sondern sie in die wissenschaftliche Diskussion einzubeziehen. Die Integration dieser verschiedenen Sichtweisen wird als Schlüssel angesehen, um den Umweltwandel ganzheitlich zu betrachten.

Im Rahmen des DFG Priority Programme 1372, das die Wechselwirkungen zwischen Formation, Klima und Ökosystemen des Tibet Plateau untersucht, ist die TU Berlin ebenfalls aktiv. Gemeinsam mit Forschungsinstitutionen wie der TU Dresden und der RWTH Aachen wird die Reaktion der Gletscher auf den Klimawandel erforscht, was weitere wichtige Erkenntnisse über die dynamischen Veränderungen in dieser empfindlichen Region liefert. Diese interdisziplinären Anstrengungen sind unerlässlich, um der Komplexität der Herausforderungen, vor denen das Tibet Plateau steht, gerecht zu werden.

Details
Ort Tibetisches Plateau, China
Quellen