Düsseldorf erlebt Uraufführung des vergessenen Dramas Der blinde Passagier

Uraufführung von Maria Lazars „Der blinde Passagier“ in Düsseldorf thematisiert Flucht und Verantwortung in Krisenzeiten.
Uraufführung von Maria Lazars „Der blinde Passagier“ in Düsseldorf thematisiert Flucht und Verantwortung in Krisenzeiten. (Symbolbild/NAG)

Düsseldorf, Deutschland - Am 1. Juni 2025 fand in Düsseldorf die Uraufführung des Stücks „Der blinde Passagier“ von Maria Lazar statt, einer jahrzehntelang vergessenen Autorin der Wiener Moderne. Das Drama, das im Jahr 1938 spielt und erst 90 Jahre nach seiner Verfassung auf die Bühne gebracht wurde, handelt von der verzweifelten Flucht eines jüdischen Arztes namens Hartmann, der sich auf einem dänischen Paketboot versteckt, um seinen Verfolgern zu entkommen. Lazar, die 1895 in Wien geboren wurde und 1948 in Stockholm starb, flüchtete 1933 ins dänische Exil, wo sie weiterhin schrieb, aber nie wieder eine Leserschaft fand. Erst vor drei Jahren wurde ihr literarischer Nachlass, der zahlreiche unveröffentliche Werke enthält, an die Österreichische Exilbibliothek übergeben.

In „Der blinde Passagier“ versteckt sich Hartmann in einem deutschen Hafen auf einem Schiff und wird von Carl, einem jungen Leichtmatrosen, gerettet, nachdem er ins Wasser gesprungen ist. Carl steht zwischen seiner Familie, die aus Vater Petersen, Schwester Nina und deren Verlobtem Jörgen besteht. Der Konflikt an Bord entfaltet sich, als Nina sich mit Hartmann solidarisieren und in ihn verlieben wird, während Jörgen, der misstrauisch und eifersüchtig ist, auch involviert wird. Unterdessen muss Petersen, als Kapitän, die Verantwortung für die Sicherheit aller an Bord tragen. Diese moralischen Dilemmata werden prägnant im Bühnenbild von Daniel Roskamp dargestellt, das die Enge und Dramatik der Situation widerspiegelt.

Politische Verantwortung und menschliche Konflikte

Das Stück thematisiert nicht nur individuelle, sondern auch kollektive Verantwortung in Krisensituationen. Lazar fragt provokant, wer der wahre blinde Passagier ist – Hartmann, Jörgen, der Kapitän oder die anderen Charaktere? Diese zentralen Fragen erweisen sich als äußerst aktuell, da sie die komplexen moralischen Entscheidungen beleuchten, die Menschen in Zeiten des politischen Drucks treffen müssen.

Maria Lazar, die auch als Publizistin und Übersetzerin tätig war, gilt heute als eine der bedeutenden Stimmen der Wiener Moderne. Geboren als jüngstes Kind einer wohlhabenden jüdischen Familie, erlebte sie das Schicksal vieler ihrer Verwandten, als zwei ihrer Schwestern in das Vernichtungslager Maly Trostinez deportiert wurden und dort ums Leben kamen. In ihren Werken thematisiert Lazar die Schrecken des Exils und die Suche nach menschlicher Würde in einer immer brutaler werdenden Welt.

Der Nachlass von Maria Lazar, der erst seit wenigen Jahren öffentlich zugänglich ist, umfasst unveröffentlichte Romane, Erzählungen, Gedichte und mehrere unaufgeführte Theaterstücke, darunter auch „Der blinde Passagier“. Diese Renaissance ihres schriftstellerischen Schaffens wird von Kritikern als längst überfällig angesehen, da ihre Fragen zur Menschlichkeit und Verantwortung in Krisenzeiten auch heute von großer Relevanz sind. Diese Uraufführung in Düsseldorf bietet dem Publikum nicht nur die Möglichkeit, ein bedeutendes Werk der Vergangenheit zu erleben, sondern regt auch zur Auseinandersetzung mit den anhaltenden gesellschaftlichen Fragen unserer Zeit an.

Für weitere Informationen zu Maria Lazar und ihrem Werk besuchen Sie RP Online, Theatertexte und Wikipedia.

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Ort Düsseldorf, Deutschland
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