Biometrische Überwachung: Experten warnen vor massiven Risiken für Bürgerrechte
Bundesregierung plant biometrische Überwachung, Experten warnen vor rechtlichen Bedenken und Menschenrechtsverletzungen.

Biometrische Überwachung: Experten warnen vor massiven Risiken für Bürgerrechte
Die Debatte um die biometrische Überwachung in Deutschland steht vor einem neuen Höhepunkt. Laut Amnesty International plant die Bundesregierung, die Überwachung der Bevölkerung durch biometrische Systeme auszuweiten. Der umstrittene Gesetzesentwurf des Bundesinnenministeriums (BMI) aus August 2023 gerät zunehmend in die Kritik. Fachleute von AlgorithmWatch und anderen Organisationen warnen vor den rechtlichen Fallstricken des Entwurfs, der nicht nur gegen bestehendes Recht verstößt, sondern auch die Gefahr einer Massenüberwachung birgt.
In einer Pressekonferenz in Berlin haben fünf Experten die Ablehnung des Gesetzes gefordert. Insbesondere kritisieren sie, dass der Entwurf gegen die EU-KI-Verordnung verstößt, die das ungezielte Auslesen von Gesichtern verbietet. Matthias Spielkamp von AlgorithmWatch weist darauf hin, dass zur Durchführung eines biometrischen Abgleichs Datenbanken zur Gesichtserkennung benötigt werden, was gegen EU-Recht ist. Angesichts dieser Bedenken warnen auch Organisationen wie der Chaos Computer Club und die Gesellschaft für Freiheitsrechte vor den weitreichenden Folgen für die Grundrechte in Deutschland.
Reaktionen aus der Gesellschaft
Julia Duchrow von Amnesty International bringt die drängendsten Sorgen auf den Punkt: “Die Massenüberwachung gefährdet Menschenrechte und die Demokratie.” Weitere Stimmen kommen unter anderem von Ulrich Kelber, dem ehemaligen Bundesbeauftragten für den Datenschutz, der die geplanten Regelungen als verfassungswidrig einstuft. Klar ist: Der Entwurf des BMI sieht gravierende Änderungen am Gesetz über das Bundeskriminalamt, an jenem über die Bundespolizei und auch am Asylgesetz vor.
Zwar bleibt ungewiss, wann Bundesinnenminister Alexander Dobrindt den Entwurf ins Kabinett einbringen wird, jedoch hat AlgorithmWatch bereits eine Petition gestartet, die über 52.000 Unterschriften gesammelt hat, um das Verbot von Gesichtserkennungssystemen im öffentlichen Raum zu fordern.
Europäische Rahmenbedingungen
Der Kompromiss zwischen den EU-Gremien zeigt, dass biometrische Kategorisierungssysteme grundsätzlich verboten sind, es aber Ausnahmen für bestimmte identifikatorische Systeme gibt, die richterlich genehmigt werden müssen. Dies könnte bedeuten, dass es auch in Deutschland rechtliche Graubereiche geben wird, die es der Politik erlauben, ihre Vorhaben voranzutreiben, trotz der Bedenken von Experten.
Ein schmaler Grat: Die Regierungen könnten dabei unter den Druck geraten, Sicherheitsinteressen gegen Grundrechte abzuwägen. Denn während das EU-Recht klare Verbote für Social Scoring und Emotionserkennung am Arbeitsplatz enthält, bleiben die Möglichkeiten für Grenzkontrollen und andere Sonderfälle unberührt.
Die kommenden Monate werden zeigen, wie sich die Gesetzeslage in Deutschland entwickeln wird und ob die politischen Akteure ein gutes Händchen haben, die Balance zwischen Sicherheit und Freiheit zu wahren. Bleiben wir dran!