Feindliche Bänke: Wie Thüringens Städte Obdachlose ausschließen

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Defensive Architektur in Suhl: Einblicke in die Gestaltung öffentlicher Räume und deren Auswirkungen auf Obdachlose.

Defensive Architektur in Suhl: Einblicke in die Gestaltung öffentlicher Räume und deren Auswirkungen auf Obdachlose.
Defensive Architektur in Suhl: Einblicke in die Gestaltung öffentlicher Räume und deren Auswirkungen auf Obdachlose.

Feindliche Bänke: Wie Thüringens Städte Obdachlose ausschließen

In den letzten Jahren hat sich ein Trend in deutschen Städten etabliert, der die Gestaltung öffentlicher Räume nachhaltig verändert: die defensive Architektur. Diese wird zunehmend genutzt, um bestimmten Personengruppen den Aufenthalt an bestimmten Orten zu erschweren. Ein Paradebeispiel dafür sind die mit Metallspikes versehenen Parkbänke, die gerade in Thüringen an Beliebtheit gewinnen. Laut thueringen.de berichtet Frank Eckardt, Professor für sozialwissenschaftliche Stadtplanung an der Bauhaus-Universität Weimar, dass solche Maßnahmen seit den frühen 2000er Jahren beobachtet werden können.

In Städten wie Erfurt, Jena, Weimar, Suhl und Gera kommen immer wieder Elemente der defensive Architektur zum Einsatz, um beispielsweise Vandalismus zu verhindern oder nahzu unbenutzbare Sitzmöbel zu kreieren. So werden in Eisenach Bänke mit Armlehnen ausgestattet, um das Liegen und Schlafen zu verhindern. Diese Gestaltung hat jedoch weitreichende Auswirkungen auf die Lebensrealität vieler Menschen. Besonders Obdachlose sind von diesen Maßnahmen betroffen, da sich ihre Möglichkeiten, im öffentlichen Raum auszuruhen oder Pfandflaschen zu sammeln, drastisch reduzieren.

Die Hintergründe und Kritiken

Das Narrativ um defensive Architektur beschreibt ein Sicherheitsbedürfnis, das versucht, soziale Unordnung durch bauliche Veränderungen zu kontrollieren. Dies wird durch das etablierte Konzept des „defensible space“ flankiert, das ursprünglich in New York in den 1970er Jahren geprägt wurde. Kritiker, wie auf der Webseite defensivearchitektur.org dargelegt, sehen darin eine neoliberale Entwicklung, die marginalisierte Gruppen verdrängt und sozialen Ungleichheiten Vorschub leistet.

Die Architektur wird in einem Atemzug mit Begriffen wie feindliches Design, Anti-Obdachlosen-Architektur und hostile architecture diskutiert. Letztere wird laut abes-online.com häufig als euphemistische Umschreibung empfunden, die den menschenverachtenden Charakter dieser Maßnahmen unterminiert. Der Einsatz solcher Designs bezieht sich nicht nur auf Bänke, sondern erstreckt sich auch auf andere Details im urbanen Raum – von spitzen Zäunen bis hin zu unterteilten Sitzgelegenheiten.

Die Notwendigkeit einer inklusiven Planung

Die Stadtverwaltungen beteuern oft, dass defensive Architektur nicht gezielt eingeplant wird und stattdessen Designaspekte und Langlebigkeit hervorgehoben werden. Dennoch steht zur Debatte, ob dies akzeptabel ist, da öffentliche Räume doch allen Bürgern zugänglich sein sollten. Julia Neumeyer, eine Streetworkerin aus Erfurt, weist darauf hin, dass viele obdachlose Menschen auf belebte Bereiche angewiesen sind und defensive Maßnahmen ihre Situation noch zusätzlich erschweren. Eckardt fordert, dass bei der Stadtplanung und im Citymanagement die Bedürfnisse aller Bürger berücksichtigt werden sollten, um öffentliche Räume wirklich für alle zugänglich zu machen.

In einer Zeit, in der soziale Gerechtigkeit und Inklusion immer wichtiger werden, steht die Architektur dieser defensiven Maßnahmen in einem kritischen Fokus. Die Frage bleibt: Wie können Städte Räume schaffen, die sowohl sicher als auch einladend sind, ohne bestimmte Bevölkerungsgruppen auszuschließen? Eine Herausforderung, die noch viele Antworten verlangt.