Versöhnung in Sicht: Sudetendeutsche und Tschechen gehen gemeinsam voran!

Positive Entwicklungen in der deutsch-tschechischen Aussöhnung: Bernd Posselt und tschechische Minister würdigen den Versöhnungsmarsch in Brünn.
Positive Entwicklungen in der deutsch-tschechischen Aussöhnung: Bernd Posselt und tschechische Minister würdigen den Versöhnungsmarsch in Brünn. (Symbolbild/NAG)

Brünn, Tschechische Republik - Vor dem Hintergrund des 75. Sudetendeutschen Tags in Regensburg äußerte Bernd Posselt, der Sprecher der Volksgruppe und Bundesvorsitzende der Sudetendeutschen Landsmannschaft, positive Entwicklungen in der Beziehung zwischen der Tschechischen Republik und den Sudetendeutschen. Diese Fortschritte beinhalten die von der tschechischen Regierung angekündigte Initiative, die Millionen Gräber Sudetendeutscher als gemeinsames kulturelles Erbe zu betrachten und Geld für deren Pflege bereitzustellen. Solche Schritte sind entscheidend für die langfristige Aussöhnung zwischen den beiden Seiten.

Posselt bevorwortete außerdem die Unterstützung der tschechischen Regierung für den „Versöhnungsmarsch“, der an den schmerzhaften „Brünner Todesmarsch“ von 1945 erinnert, bei dem mindestens 2000 deutschsprachige Bewohner vertrieben wurden. Dieser Marsch, der kürzlich vom südmährischen Pohrlitz nach Brünn führte, verzeichnete eine hohe Beteiligung und ist ein Symbol für den gemeinsamen Erinnerungsprozess. Bei dieser Gelegenheit präsentierten zwei tschechische Organisatoren eine Initiative, den Sudetendeutschen Tag 2024 in Brünn abzuhalten, was Posselt als „unglaubliche Ehre“ bezeichnete.

Am Puls der Versöhnung

In diesem Jahr nahmen zum ersten Mal auch zwei Minister der tschechischen Regierung, Mikuláš Bek und Petr Hladík, am Versöhnungsmarsch teil. Sie gedachten der deutschen Opfer der gewaltsamen Vertreibungen und trugen somit zur Stärkung des Dialogs bei. Am Tag nach dem Marsch fand zudem ein gemeinsames Gedenken am Kaunitzer Studentenwohnheim statt, das während der Nazizeit als Foltergefängnis diente.

Im Rahmen des Festivals „Meeting Brno“ leitete die Masaryk-Universität eine Podiumsdiskussion mit dem Titel „Das Gedächtnis bewahren“. An dieser Diskussion nahmen prominente Stimmen wie David Macek, Bernd Posselt und Miloš Doležal teil, die sich mit der Erinnerung an die Geschichte befassten. Diese Formate sind wichtige Schritte zur Aufarbeitung der Geschichte und zur Schaffung eines gemeinsamen Erinnerungsraums.

Die Vertreibung der Sudetendeutschen bleibt ein Trauma, das für die Betroffenen und ihre Nachfahren weitreichende Folgen hatte. Historisch gesehen wurde die Geschichte der Vertreibung in Tschechien lange Zeit verdrängt. Doch seit dem Ende des Realsozialismus gibt es Bestrebungen, die deutsche Geschichte Tschechiens ins nationale Bewusstsein zu rufen. Ein Beispiel hierfür ist die geplante Ausstellung „Unsere Deutschen“ in Ústí nad Labem, die die tschechisch-deutsche Geschichte beleuchten soll.

Die Herausforderungen der Erinnerung

Dokumentarfilmer David Vondráček und Schriftstellerin Kateřina Tučková thematisieren in ihren Werken die Brutalität der Nachkriegsjahre und die Auswirkungen auf das gesellschaftliche Gedächtnis. Michal Urban von der Organisation „Antikomplex“ erinnerte an die verlorene sprachliche und ethnische Vielfalt in Tschechien und nannte die Notwendigkeit, tschechische Verfehlungen zu reflektieren.

Der Versöhnungsmarsch wird von einer kleinen Gruppe von Gegendemonstranten kritisiert. Dennoch betont der Organisator des Marsches, Jaroslav Ostrčilík, dass der Marsch nicht die Verbrechen der Nazis relativiert und er sich für die Aufarbeitung der Vertreibung und gegen Rassismus einsetzt. In der heutigen ethnisch homogeneren tschechischen Gesellschaft besteht häufig ein Mangel an Toleranz gegenüber Minderheiten, was die Herausforderungen der Versöhnung weiter erhöht.

Vor diesem Hintergrund ist die Teilnahme von Alexander Dobrindt, dem zuständigen Bundesinnenminister und CSU-Mitglied, am Sudetendeutschen Tag von großer Bedeutung. Er beschrieb die Sudetendeutschen als „Brückenbauer eines vereinten Europas“ und unterstrich damit die Relevanz eines gemeinsamen europäischen Gedächtnisses. Die Initiativen und Veranstaltungen wie der Versöhnungsmarsch zeigen, dass es durch Dialog und Verständnis möglich ist, schmerzhafte Kapitel der Geschichte zu bearbeiten und eine friedvolle Zukunft zu gestalten.

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Ort Brünn, Tschechische Republik
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