Rechtswidrig: Gericht verurteilt Polizei wegen Schüler-Gefährderansprache

Der Fall der 16-jährigen Loretta B. aus Ribnitz-Damgarten: Verwaltungsgericht erklärt Polizeieinsatz wegen rechtsextremer Inhalte für rechtswidrig.
Der Fall der 16-jährigen Loretta B. aus Ribnitz-Damgarten: Verwaltungsgericht erklärt Polizeieinsatz wegen rechtsextremer Inhalte für rechtswidrig. (Symbolbild/NAG)

Rechtswidrig: Gericht verurteilt Polizei wegen Schüler-Gefährderansprache

Ribnitz-Damgarten, Deutschland - Die Debatte um Rechtsextremismus in Deutschland erhält durch einen aktuellen Fall in Ribnitz-Damgarten neuen Zündstoff. Hierbei handelt es sich um die 16-jährige Loretta B., die im Frühjahr 2024 aufgrund mutmaßlich rechtsextremer Inhalte auf ihrem TikTok-Account in die Schlagzeilen geriet. Eine anonyme Tippgeberin aus Nordrhein-Westfalen hatte die Schule über die besagten Inhalte informiert, was dazu führte, dass die Polizei eine Gefährderansprache bei Loretta anordnete und sie aus dem Unterricht holte. Dies wurde jedoch nun vom Verwaltungsgericht Greifswald als rechtswidrig und unverhältnismäßig eingeschätzt. Laut dem Gericht hätte das Gespräch auch in weniger stigmatisierenden Rahmen stattfinden können, beispielsweise zu Hause oder auf der Polizeiwache. Dies berichtet der Uckermark Kurier, der die Entwicklung des Falls detailliert verfolgt hat.

Die Klage von Lorettas Familie gegen das Land Mecklenburg-Vorpommern und das Innenministerium zeigt, wie ernst die Lage ist. Während die Polizei die erlangten Informationen als nicht strafrechtlich relevant einstufte, führte sie dennoch ein Gespräch mit der Schülerin. Der Versuch, präventiv gegen rechtsextreme Umtriebe vorzugehen, wurde vom Gericht als unangemessen kritisiert. Schließlich wies der Richter darauf hin, dass mildere Verfahren im Sinne der Verhältnismäßigkeit durchaus möglich gewesen wären. An dieser Stelle stellt sich die Frage: Wie weit darf der Schutz vor extremistischen Tendenzen gehen?

Stellungnahme der Politik

Politische Reaktionen ließen nicht lange auf sich warten. Enrico Schult, ein Landtagsabgeordneter der AfD, war als Beobachter im Gericht und äußerte seine Unterstützung für die Familie. Er forderte eine Entschuldigung der verantwortlichen Minister, was in den politischen Kreisen für zusätzliche Diskussionen sorgte. In dieser Gemengelage ist es übrigens interessant zu sehen, dass der Linken-Politiker Michael Noetzel die Anstrengungen der Landesregierung gegen rechtsextremistische Umtriebe anerkennt, das Urteil des Gerichts jedoch respektiert.

Einen tieferen Blick auf die Problematik wirft die Bundeszentrale für politische Bildung. Laut deren Informationen sind ein alarmierender Anstieg rechtsextremer Gewalt und eine Zunahme solcher Straftaten in Deutschland zu beobachten. Im Jahr 2020 etwa wurden über 23.000 rechtsextrem motivierte Straftaten registriert, darunter auch gewalttätige Übergriffe. Besonders besorgniserregend sind die Fälle von Radikalisierung im Internet, wie jene von Tobias R. und Stephan B., die als Beispiele für die sich zuspitzende Lage dienen. Der Bundesinnenminister bezeichnete Rechtsextremismus jüngst als die größte Bedrohung für die Sicherheit in Deutschland.

Was bleibt nun zu tun?

Der Fall von Loretta B. ist sowohl ein symptomatisches Beispiel für die bestehenden gesellschaftlichen Spannungen als auch ein Weckruf zur Auseinandersetzung mit rechtsextremistischen Tendenzen. Die Grenze zwischen Prävention und unverhältnismäßiger Reaktion ist oftmals dünn, und gerade Schulbehörden stehen vor der Herausforderung, angemessen auf solche Vorfälle zu reagieren. Es bleibt abzuwarten, wie die weiteren rechtlichen Auseinandersetzungen, die Lorettas Familie angestrengt hat, ausfallen werden.

Die Thematik betrifft uns alle, insbesondere in einer Zeit, in der rechtsextreme Ideologien erneut Hochkonjunktur erleben. Bleibt zu hoffen, dass sich derart präventive Maßnahmen stärker am Grundsatz der Verhältnismäßigkeit orientieren, um sowohl die Rechte der Individuen zu wahren als auch dem Schutz der Allgemeinheit gerecht zu werden.

Details
OrtRibnitz-Damgarten, Deutschland
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